Im vorhergehenden Abschnitt haben wir von dem
traditionellen irakischen oder arabischen Haus gesprochen und dabei auch den badghir, den Windfänger erwähnt, das Bauelement, das die kühlen Nachtwinde
ausnutzt, um das Innere der Häuser zu kühlen. Heute ist es schwierig geworden,
Häuser zu finden, in denen dieses traditionelle Kühlsystem noch funktioniert.
Eine Stadt in der man es noch findet, ist Yazd im Iran. Diese Wüstenstadt ist
international bekannt eben wegen seiner Windtürme und windgekühlten Häuser
traditioneller Bauart.
Ansicht
der iranischen Stadt Yazd mit ihren Windtürmen ("badghir" = wind
catcher). Yazd befindet sich im Zentrum einer unwirtlichen Wüste. Die Windtürme von Yazd sind die am weitest
entwickelten ihrer Art; sie haben dicke Mauern und im oberen Teil hohe, bogenförmige
Öffnungen.
Yazd ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, und
liegt ziemlich in der Mitte des Landes, etwa 1200 Meter über dem Meer, in einer
Oase zwischen den beiden Wüsten Dasht-e Kavir und Dasht-e Lut.
Das Gebiet ist gekennzeichnet
durch ein sehr heisses und trockenes Klima, welches jedoch je nach Höhenlage etwas variiert. Die
jährliche Niederschlagsmenge liegt zwischen 50 und 100 mm; die Temperaturen
schwanken zwischen einem Minimum von -20°C im Winter und einem Maximum von
+45°C im Sommer. Auch die Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht
sind beträchtlich. Die Vegetation ist spärlich und auch die wildlebende Fauna beschränkt
sich auf jene Arten, die sich an die schwierigen Lebensbedingungen angepasst
haben.
Yazd ist eine der ältesten
Städte des Iran. Seine Geschichte beginnt vor dreitausend Jahren, in der Zeit
als die Meder das Land beherrschten. Die
griechischen Historiker nannten die Stadt “Ysatis”
(oder Issatis). Alexander der Grosse
(356-323 a.C.) liess dort ein Gefängnis bauen.
Der jetzige Name der Stadt
leitet sich wahrscheinlich von “Yazdangerd” ab und
bezieht sich auf Yazdgerd I. (399-421 u.Z.), den dreizehnten Sassanidenkönig. Yazd
ist ein Königstitel und bedeutet „heilig, glückbringend, Schöpfer“. Yazd war
ein Zentrum der zoroastrischen Religion wo, nach der Einführung des Islam, die
überlebenden Zoroastrier Zuflucht fanden. Sie wurde ihnen gegen die Entrichtung
einer Steuer gewährt. In der Nähe von Yazd kann man noch heute einen Turm des
Schweigens sehen und in der Stadt selbst einen Feuertempel besichtigen, in
welchem, bis 470 u.Z. Tag und Nacht das heilige Feuer brannte.
Dank seiner abgelegenen
Position inmitten einer Wüste, ist Yazd nie Ort blutiger Auseinandersetzungen
gewesen und hat keine Zerstörungen durch Kriege erleiden müssen. Im Gegenteil, die
Stadt galt als so sicher, dass anfangs des 13. Jahrhunderts u.Z., als Dschingis
Khans Horden Persien überrannten, viele Künstler, Intellektuelle und
Wissenschaftler dort Zuflucht suchten. Marco Polo besuchte die Stadt im Jahre 1272
und war beeindruckt von den hervorragenden Seidenerzeugnissen des lokalen
Gewerbes.
Wie alle Wüstenstädte ist auch
Yazd eng bebaut und von hohen Mauern umgeben, die vor dem Sand Schutz bieten,
den der Wind mit sich treibt; die Strassen sind eng und verwinkelt und die Häuser
haben dicke Mauern, die das Klima im Innern der ausgeglichener machen, denn,
wie schon erwähnt, gibt es gewaltige Temperaturdifferenzen zwischen Tag und
Nacht und zwischen Sommer und Winter. Die Bewohner von Yazd suchen eher den
Schatten als die Sonne, die jeden Tag unerbittlich scheint. Deshalb sind die
Fenster der Häuser klein, gerade gross genug um etwas Licht hereinzulassen.
Die Stadt verdankt ihre
Berühmtheit vor allem der Architektur seiner völlig aus Lehmziegeln gebauten Altstadt.
Die eindrücklichsten Bauwerke sind die zahlreichen badghir, die Windtürme, welche die Hausdächer überragen und die man
schon von weitem erkennt, wenn man sich der Stadt nähert. Wegen ihnen ist Yazd
als die „Stadt der Windtürme“ bekannt und0die UNESCO hat ihr den Titel „Stadt
mit der ältesten Architektur der Welt“ zuerkannt.
Der badghir im
Dolatabad-Garten
Die Windtürme bestehen im
Wesentlichen aus drei Elementen: (1) einen oberen Teil, der das Gebäude
angemessen überragt; (2) einen mittleren Teil, eine Art von Kamin, in dem die
frische, kühle Luft nach untern fliesst und die warme Luft nach oben steigt;
(3) einen unterirdischen Teil, in welchem sich eine kleines mit Wasser gefülltes
Becken befindet.
Der obere Teil des Turmes hat schmale, hohe Öffnungen und
nicht nur auf derjenigen Seite, welche die kühlen Nachtwinde empfängt, sondern
auch auf der Gegenseite. Auf der Luvseite bildet sich ein Überdruck, auf der
Leeseite hingegen ein Unterduck. Höhe, Querschnitt und Zahl der Öffnungen richten
sich nach dem Volumen der zu belüfteten und zu kühlenden Räume.
Der mittlere Teil eines
Windturmes ist praktisch ein zweigeteilter Kamin, dessen Röhrenquerschnitte
ebenfalls vom zu transportieren Luftvolumen abhängen. Die kühle Luft der Nachtwinde
dringt in den Turm ein, trifft auf die mittlere Zwischenwand und strömt nach
unten wo sie die warme und leichtere Luft, die sich tagsüber in den Räumen
gebildet hat, nach oben drückt, wo diese auf der Leeseite im oberen Teil des
Turmes austritt.
Der zweite physikalische Zustand den ein badghir ausnützt und der ihn auch bei Windstille funktionieren lässt, ist die Temperaturdifferenz. Im Laufe des Tages wird sie Südseite des Turmes besonnt und erwärmt sich. Auch die Luft auf der Südseite im Innern des Turmes erwärmt sich, steigt nach oben und tritt durch Öffnungen im oberen Teil des Turmes aus. Durch diese Kaminwirkung wird im unteren Teil frische und kühlere Luft aus dem Innenhof, aus dem Untergeschoss und aus der zweiten Kaminröhre nachgezogen. Der Luftzug lässt sich durch Schliessen und Öffnen von Türen und anderen Öffnungen im Erdgeschoss und an anderen Punkten des Gebäudes regulieren.
Der badghir erhebt sich normalerweise in jenem Teil des Gebäudes, in
dem sich die im Sommer benutzten Räume befinden. Im Sockel des Turmes, der
häufig mit dem Hauptraum des Gebäudes verbunden ist, befindet sich oft ein mit
Wasser gefülltes Becken. Durch die Verdunstung des Wassers wird die aus der
Wüste kommende staubtrockene Luft befeuchtet und abgekühlt. Die Luft, die sich
in die einzelnen Räume verteilt, ist folglich kühler und feuchter als die Luft,
die durch die Öffnungen im oberen Teil des Turmes eintritt. Auch die Innenwände
des badghirs werden bei diesem
Prozess gekühlt und befeuchtet.
Das Sockelgeschoss mit dem
Wasserbecken ist der kühlste Raum des Gebäudes. Hier können die Bewohner sich
erfrischen. Wenn während der Nacht der Wind aufkommt und die Luft bis
zum Wasserbecken vordringt, bewegt sie auch das Wasser, dass deshalb Weise nie
abgestanden ist.
Viele traditionelle Gebäude besitzen geräumige
Untergeschosse in denen leichtverderbliche Vorräte wie in einem Kühlschrank (yakhchal) gelagert werden können. Selbst das Eis vom
letzten Winter hält sich bis in den Sommer hinein. Das Eis wird im Winter in
den nahegelegenen Bergen geerntet und in die Stadt gebracht.
Verbindung eines Windturmes (Badghir) mit einer
Wsserleitung (qanat)
Yazd besitzt noch eine andere Besonderheit: die qanat. Das sind Wasserleitungen, die ein
weit verzweigtes unterirdisches Netz bilden und in der Vergangenheit von
Spezialisten angelegt worden sind. Ursprünglich brachten diese Leitungen das
kostbare Nass aus den Bergen in die Stadt wo es in Zisternen aufbewahrt wurde,
so dass die Einwohner auch im Sommer nicht unter Wassermangel zu leiden hatten,
wenn die Ergiebigkeit der Quellen sich drastisch verringerte.
Den Einwohnern von Yazd ist es
gelungen die unterirdischen Wasserleitungen auch zur Kühlung ihrer Häuser zu
nutzen. Dazu hat man die qanat mit den
Windtürmen durch einen senkrechten Schacht verbunden. Wenn die Luft im Turm
nach unten fliesst, bildet sich an der Basis des Turms über dem Schacht ein
Unterdruck, welcher kühlere Luft aus der Wasserleitung zieht, während in einem
Schacht ausserhalb des Turmes warme Luft in die Wasserleitung eindringt und
dort gekühlt wird. Es bildet sich also ein Kreislauf von warmer und kalter Luft
in dem die Wasserleitung die Funktion eine unterirdischen Wärmetauschers
übernimmt.
Entlang der Leitungen, welche die
Stadt mit Wasser versorgten, befanden sich Zisternen (ab-anbar).
Moscheen, Märkte, öffentliche Bäder und Karawansereien wurden stets in der Nähe
dieser Zisternen gebaut. Viele Zisternen besassen eigene Windtürme, die das
Wasser belüfteten und kühlten. Weht der Wind in die Öffnungen des badghir, bewegt der fallende Luftzug das
Wasser in der Zisterne, das auf diese Weise Sauerstoff aufnimmt. Die Bewegung
trägt dazu bei, dass sich im Wasser weniger Mikroorganismen bilden. Nachdem die
Luft die Wasseroberfläche berührt hat, entweicht sie auf der gegenüberliegenden
Seite des Turmes. Es erscheint unglaublich, aber mittels eines Windturmes kann
man die Wassertemperatur Auf fast null Grad herabkühlen, und das sogar im
Sommer.
Pedram Izadpanah
& Hussein Zareie "Wind Catchers" - The Cooling Systems in
Traditional Iranian Architecture, in: www.cais-soas.com/CAIS/frontpage.htm
Bahadori,
Mehdi N. (1978-02-01). "Passive Cooling Systems in Iranian
Architecture". Scientific American 238 (2): 144-154.
Bahadori,
Mehdi N. (August 1994). "Viability of wind towers in achieving summer
comfort in the hot arid regions of the middle east". Renewable Energy 5
(5-8): 879-892.
A'zami. Badgir in
traditional Iranian architecture., in: M. Santamouris (ed.): Passive and
Low Energy Cooling for the Built Environment - International Conference, p.
1021-1026
Windcatchers are incorporated into the architectural expression of traditional Persian buildings. Notice this sample, with 6 symmetrical badgirs, in Yazd.
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