Die
öffentlichen Bäder
In griechischer und römischer Zeit war es üblich
häufig zu baden, sei es in kaltem oder warmen Wasser und auch zu schwitzen wie
in einer Sauna. Ein Bad zu nehmen und sich richtig waschen zu können, und nicht
nur die Füsse und die Hände, war nicht nur ein Vergnügen, sondern auch wichtig
zur Erhaltung der Gesundheit, denn überall war es staubig und überall schwitzte
man, bei der Arbeit, beim Reisen, beim Sport.
Bäder gab es deshalb schon im alten Mesopotamien des
III. Jahrtausends v.u.Z., aber das waren kleine Räume, in denen eine Badewanne
stand. Das Wasser musste am Brunnen geholt und in der Küche erwärmt werden.
Diese Annehmlichkeit verbreitete sich über Zypern und Kreta bis nach
Griechenland, Süditalien und Nordafrika. Im heiligen Hain von Olympia in
Griechenland (IV. Jahrh. v.u.Z.) lag ein Bad neben der Sportanlage.(1).
Private Bäder in Italien
In die römische Welt gelangte das Bad über die Griechen, die Süditalien kolonisiert hatten. Das lateinische Wort balineum oder balneum ist ein Lehnwort aus griechisch balaneion, das in die lateinische Sprache wahrscheinlich im 3. Jahrhundert v.u.Z. Eingang fand.
Die ersten Bäder in römischen Häusern
waren dunkel; sie hatten keine Fenster, sondern nur Lüftungsschlitze, die ein wenig
Licht hereinliessen, denn wichtig war nicht das Licht, sondern dass die Wärme drinnen
blieb. In einem Brief an den Freund Lucilius, beschreibt Seneca (etwa
4–65 u.Z.) das Bad im Landhaus der Scipio mit den
folgenden Worten (2):
„Ich habe das schlichte Landhaus des grossen Scipio (Africanus) besucht; darin befindet sich ein enges Bad; düster, wie gewöhnlich bei unseren Vorfahren; denn nur was dunkel war, schien ihnen warm werden zu können. In diesem Winkel also pflegte der Schrecken Karthagos sich den von ländlicher Arbeit erschöpften Körper zu reinigen. Unter diesem armseligen Dach stand der grosse Mann, dieser kümmerliche Estrich hat ihn getragen“.
„In jenem Bade des Scipio sind ganz kleine – man möchte sagen Schlitze als Fenster aus der
steinernen Mauer ausgespart, damit sie, ohne die Festigkeit der Mauer zu
beeinträchtigen, Licht zulassen. Jetzt aber nennt man „Schlupfwinkel für
lichtscheues Ungeziefer“ alle Bäder, die nicht so angelegt sind, dass sie das
volle Tageslicht mit weiten Fenstern auffangen und in denen man nicht beim
Baden (von der Sonne) gebräunt wird und von der Wanne aus den Blick über
Gefilde und Meere hat…“.
Zu republikanischer Zeit, war es Mode bei wohlhabenden
Römern, im Haus ein laconium zu haben, einen Schwitzraum verbunden mit einem
Kaltwasserbecken (frigidarium). In den Häusern lag das Bad an einem „warmen“, das heisst gut besonnten Ort,
normalerweise neben der Küche (culina),
wo das warme Wasser aufbereitet wurde, das auch zu anderen häuslichen Zwecken
diente. Das Feuer zündete man in einer besonderen Kammer (praefurnium) an, die unter dem laconium
lag und von der Küche oder vom Hof zugänglich war. Fussboden und Wände des laconiums wurden auf diese Weise erhitzt.
Mit dem wachsenden Wohlstand Roms, leisteten sich die
wirtschaftlich Gutgestellten aufwändigere Bäder; komplexe Anlagen bestehend aus
Umkleideraum (apoditerium) und drei
Becken: einem Kaltwasserbecken (frigidarium), einem Becken für lauwarmes
Wasser (tepidarium) und eines für warmes
Wasser (calidarium). Die grössten und
luxuriösesten Villen, wie jene von Piazza Armerina in Sizilien, besassen sogar eigene
Sportanlagen. Manche Bäder waren mit Wandmalereien ausgeschmückt, wie das Bad
in dem Haus mit Kryptoportikus in Pompeji, das Bad der Villa von Bosco Reale
und jenes in der Villa der Pompeia in Oplontis (Torre Annunziata).
Unter den luxuriösesten Bädern, die in den Provinzen
des Römischen Reiches müssen auch erwähnt werden diejenigen des römischen
Legaten in Aquincum (heute Budapest)
und die im Palast von Fishbourne, in der Nähe von
Chester in England.
Zwei private Bäder werden von den römischen Schriftstellern Marcus
Valerius Martial (etwa 40-102 u.Z.) (3) und Gaius Sollius Apollinaris, genannt
Sidonius (zweite Hälfte des
V. Jahrhunderts) erwähnt (4).
Öffentliche Bäder in Italien
Seit dem 1. Jahrhundert v.u.Z. waren Bäder in allen
römischen Städten zu finden. Für viele Menschen waren sie der einzige Ort wo
man sich waschen und seinen Körper pflegen konnte. Für die Volkshygiene waren sie
unabdingbar, vor allem in Grossstädten. Schon im Jahre 33 v.u.Z., unter dem
Ädilat von Marcus Vipsanius Agrippa (64 oder 63-12 v.u.Z.), gab
es Rom 177 Bäder, die von der Bevölkerung unentgeltlich benutzt werden konnten.
In den Regions-Verzeichnissen der Stadt Rom werden zur Zeit des Augustus (63 v.u.Z.-14. u.Z.) 856 balnea
aufgeführt (Castagnoli, F.: Topografia e urbanistica di Roma antica,
Bologna 1969, S. 97). Diese Bäder waren durch das Anwachsen der Bevölkerung der
Hauptstadt und der Enge und dem Dreck in dem diese lebte, notwendig geworden. Und, wenn man Plinius dem Jüngeren folgt (5), dann gab es
zahlreiche Bäder auch in kleineren Städten und sogar in Dörfern.
Die ersten öffentlichen Bäder, von denen wir wissen,
erscheinen in den Städten Kampaniens. In Capua gab es solche Einrichtungen
schon am Ende des 3. Jahrhunderts v.u.Z. (6), in Teano, zur Zeit der Gracchen,
gab es getrennte Bäder für Männer und für Frauen, und, auch die Stabianer
Thermen und die am Forum in Pompeji entstanden schon in republikanischer Zeit (7).
Pompeji – Stabianer Thermen
Weil es kein Fensterglas gab, war es in den ersten
öffentlichen Bädern ziemlich dunkel. Die Öffnungen nach aussen waren eher Schlitze, wie Seneca schrieb, und
dienten in erster Linie zur Regelung der Lüftung und nicht zur Belichtung. Diese
Räume hatten aber dicke Mauern, welche die Wärme für längere Zeit speichern
konnten.
Die Lage änderte bald nach der Erfindung des
Flachglases im 1. Jahrhundert v.u.Z. Die Glasscheiben, auch wenn sie zunächst
klein waren, erlaubten den Bau grösserer Fenster und schliesslich die
Ausnutzung der Sonnenstrahlung als zusätzlicher, billiger, zusätzlicher Wärmequelle.
Die kaiserlichen Thermen
Die grandiosesten, eindrücklichsten und berühmtesten Bäder
sind zweifellos die in der Kaiserzeit in Rom und anderen wichtigen Orten
gebauten. Es waren riesige Freizeitanlagen, die nicht nur Bäder im engeren
Sinne mit calidarium, tepidarium, frigidarium, natatio, apoditerium und Sportplätze umfassten, sondern in denen Dienstleistungen aller Art wie Massage,
Sauna, Fitness und Schönheitskuren angeboten
wurden. Da sie ausserdem auch der Volksbildung
dienen sollten, gab es dort auch Bibliotheken und Räume für Kunstausstellungen.
In erster Linie waren sie jedoch Freizeitanlagen, wo das Grossstadtvolk, das ja
sonst wenig freien Raum in der Stadt hatte, sich aufhalten und vergnügen
konnte.
Der Eintritt in die kaiserlichen Thermen war
bescheiden, aber alle Extradienstleistungen musste man bezahlen. Es war üblich,
die Bäder nach der Mittagsstunde, das heisst nach der täglichen Arbeit zu
besuchen, denn die Römer arbeiteten keine acht Stunden am Tag wie wir heute.
Ein Thermenbezirk mit seinen Gärten und Grünanlagen war ein rechteckiger
von einer Mauer umgebener Komplex von zum Teil riesigen Dimensionen. Der
Komplex der Diokletians-Thermen in Rom hatte die Ausmasse von 356 x 316 Metern.
Der heutige Platz der Republik, am Ende der Via Nazionale, unweit vom Bahnhof
Termini, war die Exedra einer ausgedehnten Grünanlagen, welche den eigentlichen
Bäderbauten im Süden vorgelagert war. Und die Kirche Santa Maria degli Angeli wurde
in den Saal des frigidariums der
Badeanlage hineingebaut.
Traiansthermen in Rom
Die erste grössere Bäderanlage Roms waren die im Jahr 12 v.u.Z.
eingeweihten Thermen des Agrippa. Sie lagen auf dem Marsfeld und wurden von der
Wasserleitung Acqua Vergine versorgt. Es folgten dann die Thermen Neros (62 u.Z.), die ebenfalls auf dem Marsfeld lagen, dann die
Titus-Thermen auf den Hängen des Esquilin, die Trajansthermen auf einem Hang
des Oppius-Hügels (gebaut zwischen 104 und 109 u.Z.), die Caracalla-Thermen (gebaut
zwischen 212 und 217 u.Z.), die Diocletiansthermen (gebaut zwischen 298 und 306
u.Z.) sowie die Konstantinsthermen auf dem Quirinalshügel (um 315 u.Z.).
Diocletiansthermen in Rom
In Rom mussten die riesigen Areale der kaiserlichen
Thermen mit ihren weiten Grünflächen zuerst arrondiert werden. Man musste die
weitgehend schon bebauten Grundstücke zusammenkaufen oder enteignen und ihre
Eigentümer entschädigen. Schon das allein verschlang enorme Summen. Die
Traiansthermen auf dem Oppius-Hügel wurden mit der Beute aus den Dakerkriegen
bezahlt.
Caracalla-Thermen in Rom
Wenn man wissen will, warum es in Rom so viele öffentliche und so reich
ausgestatte Bäder gab, muss man sich vorstellen, dass Rom zur Zeit Traians (53-117 u.Z.) eine Bevölkerung von mehr als einer Million
Menschen hatte. Es war die grösste Stadt der Alten Welt. Etwa 90 Prozent dieser
Menschen lebte zusammengepfercht in grossen Mietshäusern, in denen es keine
sanitären Anlagen gab und die meisten Wohnungen nach heutigen Begriffen
überbelegt waren. Die Obrigkeit war sich dieser unhygienischen Verhältnisse
bewusst und war bemüht, diesen Zustand zu lindern. Eine Antwort darauf, waren
die Wasserleitungen, die aus den Bergen reichlich Trinkwasser zu den vielen
Laufbrunnen in die Stadt brachten, von denen man sich Wasser holen konnte so
viel man wollte. Die zweite Antwort waren die öffentlichen Bäder.
Die öffentlichen Bäder waren wie die Wasserleitungen notwendig, um der
Hauptstadtbevölkerung ein Minimum an Hygiene zu verschaffen. In den grossen kaiserlichen Thermen gab es
Licht, Luft und Sonne, also, das, was es in den meisten Wohnungen nicht gab.
Ausserdem konnte man dort Sport treiben, Bücher lesen, Kunstwerke anschauen und
sich vergnügen.
Das Heizsystem
Die grossen Bäderkomplexe verbrauchten viel Wasser und, was ein viel
grösseres Problem war, sehr viel Brennholz, denn es war viel warmes Wasser nötig
(daher der Ausdruck „Thermen“). Warmes Wasser wurde in den Thermen in grossen Bronzekesseln hergestellt, testudines genannt, vielleicht weil ihre
Form an Schildkröten (lat. testudo) erinnerte.
Vitruv (8) beschreibt ein System bestehend aus drei, in einer Reihe
aufgestellten Kesseln: einen für warmes Wasser, einen für lauwarmes und einen
für kaltes Wasser. Das kalte Wasser floss in den Kessel mit lauwarmen Wasser
und das lauwarme Wasser in den Kessel mit heissem Wasser.
Diese Kessel waren in einem halbunterirdischen Raum des Gebäudes
angeordnet und das Feuer brannte darunter in einer Brennkammer, dem praefurnium, das von aussen mit Brennholz versorgt wurde. Nachdem er die Kessel
erwärmt hatte, passierte der Rauch unter dem Fussboden der Baderäume und zog
über senkrechte, in die Wände eingelassenen Rohre (tuboli) über Dach ab. Wenn diese „tuboli“ in den Wänden dicht genug
beieinander lagen, so erwärmten sich auch diese. Die erzeugte Wärme wurde total
ausgenutzt.
Dieses Heizsystem wird ad hypocaustum oder hypokausis
genannt, was so viel bedeutet wie „von untern beheizt“. Seine Erfindung schrieben
die Römer einem Caius Sergius Orata (etwa 80 v.u.Z.) zu, einem Händler aus
Kampanien der Bäder ad hypocaustum für die grossen Villen der Reichen
baute und balneae pensilis in seinen Fisch- und Austernzuchten verwendete.
Die Archäologen konnten jedoch zeigen, dass das System bereits sehr viel früher bekannt war.
Beispiele für Fussbodenheizungen sind bekannt aus Olympia (9), Gortys (10) und
Megara Hyblea (11).
Römische Fussbodenheizung
(nach Bröder E., op.cit., S.19)
Wenn das System funktionieren soll, muss
sein Zug langsam und gleichmässig sein und diesen Zug erreicht man durch die
„richtige“ Dimensionierung der einzelnen Teile (gehört heute zum Fachwissen
aller Kamin- und Ofenbauer), der Qualität des Brennmaterials sowie der
Regulierung der Luftzufuhr. Wichtig war, dass die Kanäle unter dem begehbaren Fussboden,
von der Brennkammer an bis zu den vertikalen Anzugskaminen in der Wänden, eine
leichte Steigung hatten.
Um die in der Anlage erzeugte Wärme
optimal auszunutzen, waren die Bäder der Männer und jene der Frauen so
angeordnet dass die heisse Luft unter dem Fussboden von einer Abteilung zur
anderen strömen konnte. Diesbezüglich lesen wir bei Vitruv (12):
„Ebenso muss man darauf bedacht sein, dass die warmen
Bäder für die Frauen und Männer miteinander verbunden und in der gleichen
Fluchtlinie liegen. So nämlich wird man erreichen, das für beide Badeanlagen
die Heizkessel und ihre Unterfeuerung gemeinsam sind“.
Diese Heizsystem hatte einen
ausserordentlich hohen Wirkungsgrad, der vielfach über 90 Prozent lag, und
somit höher war, als der mancher modernen Heizungsanlagen. Versuche, die man mit
rekonstruierten Anlagen gemacht hat, haben gezeigt, dass bei einer Temperatur
von 400-600°C am praefurnium, jene des Rauches am Kamin über Dach nur noch
40°C betrug (13). Es ist jedoch zu beachten, dass nicht alle Räume der Thermen
beheizt waren. Beheizt waren in der Regel nur die calidari und tepidari.
Trotz des erstaunlich
hohen Wirkungsgrades verbrauchen die römischen Badeanlagen enorme Mengen an
Brennholz (Steinkohle, Erdöl und Erdgas waren unbekannt), denn die Brennkammern
waren Tag und Nacht in Betrieb, das ganze Jahr hindurch, und das für
Jahrhunderte.
Um die römischen
Städte herum waren die Wälder bald abgeholzt, denn Holz diente fast zu allen
Zwecken: zum Brennen von Ziegeln, zum Bau von Schiffen, Wagen uns Maschinen,
zum Herstellen von Holzkohle. Es gibt Anzeichen dafür, dass es in der späten
Kaiserzeit einen akuten Mangel an Brennholz gab. Bekannt ist, das man im IV.
Jahrhundert u.Z. begann, Brennholz selbst aus Afrika zu importieren (14).
Passive Sonnenenergienutzung
Angesichts des hohen Verbrauchs an
Brennmaterial, war es ein Muss, die erzeugte Wärme und das erzeugte Warmwasser möglichst
gut auszunutzen. Vitruv empfiehlt deshalb die passive Nutzung der Sonnenenergie
(15):
„Zunächst muss ein möglichst warmer Platz
(für die Bäder) ausgewählt werden, dass heisst er darf nicht nach Norden oder
Nordosten zu liegen. Die warmen und lauen Bäder aber sollen ihr Licht von
Südwesten her erhalten. Wenn aber die Beschaffenheit des Ortes das nicht
zulässt, jedenfalls von Süden, weil die Badezeit vornehmlich von Mittag bis
Abend festgesetzt ist“.
Die Thermen sollten also an gut besonnten
Standorten gebaut und die beheizten Räume möglichst nach Südwesten orientiert
werden. Vitruv erklärt den Sinn dieser Orientierung mit der Badezeit, die von
Mittag bis Abend dauert. Und das ist genau die Ausrichtung, die man bei fast
allen grossen Thermen Roms findet.
Eine gute Besonnung der warmen und lauen Bäder war garantiert, wenn vor deren Hallen grosse Freiflächen wie Gärten und Sportplätze lagen. Die passive Nutzung der Sonnenenergie war möglich geworden durch die Erfindung des Flachglases im 1. Jahrhundert v.u.Z. Bis dahin kannte man nur geblasenes Glasgeschirr. Nun konnte man die Fenster verglasen und grosse Fenster bauen, auch wenn die Scheibengrösse mit maximal 40 x40 Zentimeter nicht sehr gross war. Nach dem Zeugnis von Seneca (etwa 1-65 u.Z.) erschienen verglaste Fenster in öffentlichen Bädern erstmals zu seinen Lebzeiten, also in der Mitte des 1. Jahrhunderts u.Z. (16). Erwähnenswert sind auch die stark abgeschrägten Fensterlaibungen, die mehr Licht und somit Wärme in die Räume hereinliessen. Auch sie dürften eine Erfindung jener Zeit gewesen sein.
Dank des Fensterglases war die Sonne nun zu einer Wärmequelle geworden, die sich auch im Innern der Gebäude nutzen liess. Vorher konnte man sich an der Sonne draussen nur an windgeschützten Stellen wärmen. Jetzt schien die wärmende Sonne durch die verglasten Fester herein und der Wind blieb draussen.
Eine gute Besonnung der warmen und lauen Bäder war garantiert, wenn vor deren Hallen grosse Freiflächen wie Gärten und Sportplätze lagen. Die passive Nutzung der Sonnenenergie war möglich geworden durch die Erfindung des Flachglases im 1. Jahrhundert v.u.Z. Bis dahin kannte man nur geblasenes Glasgeschirr. Nun konnte man die Fenster verglasen und grosse Fenster bauen, auch wenn die Scheibengrösse mit maximal 40 x40 Zentimeter nicht sehr gross war. Nach dem Zeugnis von Seneca (etwa 1-65 u.Z.) erschienen verglaste Fenster in öffentlichen Bädern erstmals zu seinen Lebzeiten, also in der Mitte des 1. Jahrhunderts u.Z. (16). Erwähnenswert sind auch die stark abgeschrägten Fensterlaibungen, die mehr Licht und somit Wärme in die Räume hereinliessen. Auch sie dürften eine Erfindung jener Zeit gewesen sein.
Dank des Fensterglases war die Sonne nun zu einer Wärmequelle geworden, die sich auch im Innern der Gebäude nutzen liess. Vorher konnte man sich an der Sonne draussen nur an windgeschützten Stellen wärmen. Jetzt schien die wärmende Sonne durch die verglasten Fester herein und der Wind blieb draussen.
Die grossen Thermen hatten dicke Mauern aus gebrannten Ziegeln, die die Wärme speicherten und nur langsam nach aussen abgaben, aber die Herstellung von enormen Ziegelmengen verbrauchte ebenfalls viel Brennholz und Sonnenenergie nutzte bei der Ziegelherstellung wenig, anders als bei der Herstellung von Lehmziegel in Mesopotamien und in Ägypten. Nur gebrannte Ziegel erlaubten den Bau grosser Bauwerke wie die Thermen mit ihren Kuppeln und Bögen.
Die Römer haben jedoch ein Mauerwerk erfunden, das es erlaubte teures Ziegelmaterial zu sparen, das sogenannte opus caementitium. Dieses Mauerwerk war zweischalig. Der Zwischenraum zwischen den zwei gemauerten Schalen wurde mit einem Gemisch von Mörtel, Ziegelbruch und Kies, eine Art von Beton, verfüllt. Das war billiger als reines Ziegelmauerwerk gleicher Dicke. Dieses opus caementitium besass eine hohe Tragfähigkeit und hatte gute thermische Eigenschaften. Es speicherte die aufgenommene Wärme und gab sie nur langsam wieder ab. Aber auch der Mörtel war nicht ohne gebrannten Kalk herstellbar, und zur Kalkbrennerei brauchte es ebenfalls Brennmaterial.
Um festzustellen in wie weit die römischen Architekten die Empfehlungen Vitruvs befolgt haben, haben wir möglichst viele Thermengrundrisse aus verschiedenen Regionen untersucht und die Ausrichtung von deren calidarium ermittelt.
Nehmen wir die Grundrisse von drei grossen römischen Thermen: die Diocletiansthermen (begonnen 298 u.Z. von Maximian und fertiggestellt 305-306 u.Z.), Die Traiansthermen und Caracallathermen (begonnen 206 u.Z. von Septimius Severus und fertiggestellt von Caracalla 216 u.Z.). Die Mittelachsen aller drei Thermen haben die Richtung Nordost-Südwest und ihre warmen Bäder sind gegen Südwesten ausgerichtet. Auch das calidarium der Forumsthermen und der Zentralthermen in Pompeji ist so ausgerichtet. Die Mittelachse der Titusthermen, der Thermen Neros und der Constantinsthermen in Rom hat Nord-Süd-Ausrichtung und ihr calidarium ist genau nach Süden orientiert.
Abgesehen von einigen Ausnahmen, ist man den Empfehlungen Vitruvs auch in Nordafrika gefolgt: Eine Südwestausrichtung des calidariums finden wir in den Thermen Timgads (Grosse Thermen im Süden), Douggas (Zentralthermen) und in denen von Djemila (Grosse Thermen). Das calidarium der Thermen des Antoninus in Karthago ist hingegen nach Nordosten orientiert (vielleicht um das frigidarium und die Sportanlage aufs Meer schauen zu lassen). Eine Südorientierung hat calidarium der Grossen Thermen im Norden Timgads und in denen von Leptis Magna.
Die grössten und bekanntesten Thermen nördlich der Alpen sin die Thermen in Trier: die Barbara-Thermen (gebaut um die Mitte des II. Jahrhunderts u.Z.) und die Kaiserthermen (gebaut am Ende des III. Jahrhunderts u.Z.). Das calidarium der Barbara-Thermen liegt im Süden der Anlage. Dasjenige der Kaiserthermen ist nach Osten ausgerichtet und dieser Umstand kann städtebaulich begründet werden: die Kaiserthermen sollten die Hauptstrasse der Stadt, den decumanus maximus , im Westen abschliessen.
Man kann also sagen, dass die römischen Architekten weitgehend den Empfehlungen Vitruvs gefolgt sind. Das kann auch nicht überraschen, denn es handelte sich um eine Massnahme zur Energieeinsparung und hatte folglich wirtschaftliche Vorteile.
(2) Seneca, Ad Lucilium de providentia
(3) Martial, Epigramme: VI, 42
(4) Sidonius, 43, 262-254
(5) Plinius, epist. 17, 26
(6) Beloch: Campanien, 2. Ed., S. 302
(7) Lehmann-Hartleben in: RE Bd. IIIA, S. 2066-67
(8) Vitruv, lib. V, X, 1-2
(9) Mallwitz A., Olympia und seine Bauten, München 1972
(10) Ginouvès R., L'etablissement thermal de Gortys d'Arcadie, Paris 1959
(11) Vallet, Villard et Auberson: Experiénces coloniales en Occident et urbanisme grec: Le fouilles de Megara Hyblea; in: Annales de l’Ecole française 25, 4, (1970), p. 1102-1113 (avec plans)
(12) Vitruv, de arch. V, X, 1
(13) Brödner, E.: Die römischen Thermen und das antike Badewesen, Darmstadt 1983, S. 156
(14) Cod. Theod. 13,5,10.
(15) Vitruv, de arch. V, X, 1
(16) Brödner, E.: op. cit., S. 137
Die Römer haben jedoch ein Mauerwerk erfunden, das es erlaubte teures Ziegelmaterial zu sparen, das sogenannte opus caementitium. Dieses Mauerwerk war zweischalig. Der Zwischenraum zwischen den zwei gemauerten Schalen wurde mit einem Gemisch von Mörtel, Ziegelbruch und Kies, eine Art von Beton, verfüllt. Das war billiger als reines Ziegelmauerwerk gleicher Dicke. Dieses opus caementitium besass eine hohe Tragfähigkeit und hatte gute thermische Eigenschaften. Es speicherte die aufgenommene Wärme und gab sie nur langsam wieder ab. Aber auch der Mörtel war nicht ohne gebrannten Kalk herstellbar, und zur Kalkbrennerei brauchte es ebenfalls Brennmaterial.
Um festzustellen in wie weit die römischen Architekten die Empfehlungen Vitruvs befolgt haben, haben wir möglichst viele Thermengrundrisse aus verschiedenen Regionen untersucht und die Ausrichtung von deren calidarium ermittelt.
Nehmen wir die Grundrisse von drei grossen römischen Thermen: die Diocletiansthermen (begonnen 298 u.Z. von Maximian und fertiggestellt 305-306 u.Z.), Die Traiansthermen und Caracallathermen (begonnen 206 u.Z. von Septimius Severus und fertiggestellt von Caracalla 216 u.Z.). Die Mittelachsen aller drei Thermen haben die Richtung Nordost-Südwest und ihre warmen Bäder sind gegen Südwesten ausgerichtet. Auch das calidarium der Forumsthermen und der Zentralthermen in Pompeji ist so ausgerichtet. Die Mittelachse der Titusthermen, der Thermen Neros und der Constantinsthermen in Rom hat Nord-Süd-Ausrichtung und ihr calidarium ist genau nach Süden orientiert.
Abgesehen von einigen Ausnahmen, ist man den Empfehlungen Vitruvs auch in Nordafrika gefolgt: Eine Südwestausrichtung des calidariums finden wir in den Thermen Timgads (Grosse Thermen im Süden), Douggas (Zentralthermen) und in denen von Djemila (Grosse Thermen). Das calidarium der Thermen des Antoninus in Karthago ist hingegen nach Nordosten orientiert (vielleicht um das frigidarium und die Sportanlage aufs Meer schauen zu lassen). Eine Südorientierung hat calidarium der Grossen Thermen im Norden Timgads und in denen von Leptis Magna.
Die grössten und bekanntesten Thermen nördlich der Alpen sin die Thermen in Trier: die Barbara-Thermen (gebaut um die Mitte des II. Jahrhunderts u.Z.) und die Kaiserthermen (gebaut am Ende des III. Jahrhunderts u.Z.). Das calidarium der Barbara-Thermen liegt im Süden der Anlage. Dasjenige der Kaiserthermen ist nach Osten ausgerichtet und dieser Umstand kann städtebaulich begründet werden: die Kaiserthermen sollten die Hauptstrasse der Stadt, den decumanus maximus , im Westen abschliessen.
Man kann also sagen, dass die römischen Architekten weitgehend den Empfehlungen Vitruvs gefolgt sind. Das kann auch nicht überraschen, denn es handelte sich um eine Massnahme zur Energieeinsparung und hatte folglich wirtschaftliche Vorteile.
Anmerkungen
(1) Mallwitz, A. Olympia und seine Bauten, München, 1972 Mallwitz, A. Olympia und seine Bauten, München, 1972(2) Seneca, Ad Lucilium de providentia
(3) Martial, Epigramme: VI, 42
(4) Sidonius, 43, 262-254
(5) Plinius, epist. 17, 26
(6) Beloch: Campanien, 2. Ed., S. 302
(7) Lehmann-Hartleben in: RE Bd. IIIA, S. 2066-67
(8) Vitruv, lib. V, X, 1-2
(9) Mallwitz A., Olympia und seine Bauten, München 1972
(10) Ginouvès R., L'etablissement thermal de Gortys d'Arcadie, Paris 1959
(11) Vallet, Villard et Auberson: Experiénces coloniales en Occident et urbanisme grec: Le fouilles de Megara Hyblea; in: Annales de l’Ecole française 25, 4, (1970), p. 1102-1113 (avec plans)
(12) Vitruv, de arch. V, X, 1
(13) Brödner, E.: Die römischen Thermen und das antike Badewesen, Darmstadt 1983, S. 156
(14) Cod. Theod. 13,5,10.
(15) Vitruv, de arch. V, X, 1
(16) Brödner, E.: op. cit., S. 137
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