Geografie und Klima
Ägypten (1) ist ein vorwiegend von Wüsten geprägtes Land, nur 3,5 Prozent des
Landes, oder 35.000 Quadratkilometer, sind landwirtschaftlich nutzbar und
ständig bewohnt.
Der grösste Teil dieses Gebietes gehört zum Niltal und
zum Delta, wo 99 Prozent der Ägypter in einer Art Flussoase leben, die einer
der fruchtbarsten Gegenden Afrikas ist und sehr günstige Lebensbedingungen für
die Menschen bietet.
Diese Oase erstreckt sich über eine Länge von mehr als
tausend Kilometern, zwischen dem 31. und 24. Breitengrad, in nordsüdlicher
Richtung und hat eine maximale Breite von vierzig Kilometern. Ohne den Nil wäre
Ägypten eine reine Wüste.
Ausser dem Niltal und dem Delta gibt es in Ägypten
noch ein drittes fruchtbares Gebiet – das Fayum-Becken, eine grosse Oase in der
westlichen Wüste, etwa 130 sudwestlich von Kairo entfernt. Das Fayum-Becken,
das auch als Gemüsegarten der Hauptstadt bezeichnet wird, erhält Wasser vom Nil
über den Bahr-Yusuf-Kanal der in einem abflusslosen See endet. In
vordynastischer Zeit, das heisst im IV Jahrtausend v.u.Z., war das Fayum-Becken
ein Sumpf, der in der Zeit des Mittleren Reiches (2010–1793 a.C.) von den Pharaonen Amenhemhet II (1914–1876
a.C.) und Sesostris II (1882–1872 a.C.) trockengelegt und in eine
fruchtbare Oase verwandelt worden ist. Der
Hauptort war Shedet; die Griechen e nannten ihn Krokodilopolis/Arsino.
Ägypten ist das Land der Sonne schlechthin und
befindet sich im Wüstengürtel Nordafrikas, wo die Niederschläge äusserst rar
und die Temperaturschwankungen enorm sind. Nur an der Mittelmeerküste und im
Nildelta gibt es im Winter nennenswerte Regenfälle (100 - 200 mm). Südlich von
Kairo werden die Niederschläge immer spärlicher und Flussaufwärts wird das
Klima immer heisser und trockener. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt nur
noch 5-30 mm. Im oberen Niltal, zwischen Luxor und Assuan, regnet es
nur zweimal im Jahr.
Im Januar beträgt die
durchschnittliche Tagestemperatur etwa 20°C im Norden (Kairo) und 24°C im Süden
(Assuan). Während der Nacht sinken die Temperaturen allerdings beträchtlich. Im
Juli erreichen die Temperaturen 35° in Kairo und 42°C in Assuan, wo sie im
Sommer auch 50°C und mehr betragen können. Dank der niedrigen Luftfeuchtigkeit
sind diese Temperaturen für die einheimische Bevölkerung jedoch einigermassen
erträglich. Zwischen März und Juni weht der Chamsin,
ein heisser Südwind, der Sand und Staub mit sich führt.
Etwas erträglicher
ist das Klima am Roten Meer. Dort sind die Sommertemperaturen etwas niedriger
als im Niltal. Mit Tagestemperaturen von 20°C und Nachttemperaturen zwischen10
und 13°C sind die Winter recht mild. Im Frühling und im Herbst kann das
Thermometer jedoch über 40°c steigen und auch in der Nacht fällt es nicht unter
25°C. Im Jahresverlauf variiert die Luftfeuchtigkeit zwischen 25 und 50 Prozent
und es regnet fast nie.
Das Wachsen einer Kultur
Ab etwa 5000 v.u.Z. tauchen auf dem Gebiet des
heutigen Ägypten verschiedene jungsteinzeitliche Kulturen auf, die ersten im
Fayum-Becken und im Nildelta. Diese primitiven Bauern stellen rohe Tonwaren
her, ihre Geräte sind aber hauptsächlich aus Stein und Knochen (Merimde-Kultur). Gegen etwa 4500 v.u.Z.
macht sich in Oberägypten die Badari-Kultur
bemerkbar und es beginnt die Kupferverarbeitung; die Keramik ist nun verziert,
auch mit bildlichen Darstellungen versehen. Auf die Badari-Kultur folgt die Negade-Kultur
und es entstehen kleine urbane Siedlungen mit einer grösseren sozialen
Differenzierung.
Gegen 3200 v.u.Z. ist die Negade-Kultur in ganz Ägypten verbreitet und es erscheinen
die ersten Ansätze einer Schrift. Die ägyptischen Quellen sprechen von einem
König Menes, (Hor Aha), dem ersten
König der I. Dynastie, der um 3000 v.u.Z. über ganz Ägypten geherrscht, also
Oberägypten mit Unterägypten vereint haben soll. Die Hauptstadt dieser I.
Dynastie ist Memphis; ihre Könige sind in monumentalen Grabanlagen bestattet,
zuerst bei Abydos, später bei Memphis. Schrift, Architektur und Kunst machen
Fortschritte.
Frühe
Behausungen
Bis vor nicht allzulanger Zeit wusste man fast nichts
über die primitiven Behausungen der alten Ägypter, vor allem weil sich die
archäologische Forschung fast ausschliesslich auf wichtige Denkmäler
konzentriert hatte, vor allem auf Gräber. Erst in den letzten Jahrzehnten hat
sich die Situation verändert und heute gräbt man Siedlungsreste in Elephantine, Buto, Ain
Asil, Tell el-Dhaba und Abydos aus.
Unsere Kenntnisse der antiken Wohnungen aus
vordynastischer Zeit (vor 3150 v.u.Z.)
bis zum Mittleren Reich beschränken sich auf ganz wenige Beispiele, weil die
Behausungen der ersten Ackerbauern die Zeiten nicht überdauert haben. Sie waren
aus Schilf und Schlamm gemacht, also aus wenig dauerhaften Materialien. Besser
als die Häuser der Lebenden kennen wir deshalb die der Toten aus jener Zeit.
Schilfhütte der Fischer von Baltim zwischen dem
Borlus-See und dem Mittelmeer.
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Die ältesten vordynastischen Siedlungen, die wir kennen, hat man
im Fayum-Becken gefunden. Mehrheitlich handelt es sich um temporäre Siedlungen,
die man nur zu bestimmten Jahreszeiten bewohnt waren. Sie liegen auf den Hügeln,
die sich längs des Nordufers des
Fayum-Sees erstrecken, der seinerzeit wesentlich grösser war als heute.
Eine dieser
Siedlungen ist die von Merimda Beni
Salama. Auch dort wohnten die Menschen in Hütten, die aus Schilfmatten,
Rohr und Weidengeflecht gebaut und mit Lehm verputzt waren. Sie hatten aber
schon eine Art Fundamente aus in Schlamm gebetteten Steinen. Sie waren primitiv
aber boten Schutz vor der brennenden Sonne und dem heissen Wind. Das geerntete
Korn wurde normalerweise in Gruben gespeichert, die mit Weidengeflecht und Lehm
ausgekleidet waren. Diese Bauern züchteten auch Schafe, Rinder und Schweine.
Ihre Toten begruben sie ohne Grabbeigaben innerhalb ihrer Siedlung. Die
Anordnung der kleinen Hütten von Merimda
zeigt, dass diese Gemeinschaft keine Hierarchie kannte.
Die Bauernhäuser
Aus Gräbern des Alten Reiches (2635-2155 v.u.Z.)
stammen kleine Hausmodelle, die ländliche Häuser zeigen, des Typs, der sich
später zur vorherrschenden Wohnform in Ägypten entwickelt hat und bis heute im
ländlichen Raum weiterexistiert. Diese Häuser haben ein Stockwerk oder zwei und
einen leichten Pavillon auf dem Dach auf welches man über eine Aussentreppe
gelangt. Jedes Haus befindet sich innerhalb eines ummauerten oder eingezäunten
Grundstücks.
Tonmodell eines altägyptischen Hauses (XII. Dynastie)
In Ägypten waren bis vor wenigen Dezennien alle gewöhnlichen Häuser aus Schlammziegeln gebaut. Tonhaltiger Nilschlamm war der billigste Baustoff, der zu haben war. Der Schlamm wurde mit gehäckseltem Stroh gemischt, das Gemisch in Holzformen gepresst und die halbtrocknen Ziegel zuerst im Schatten (damit sich keine Risse bilden) und dann an der Sonne getrocknet bis sie steinhart waren. Im warmen und fast regenlosen Klima Ägyptens sind diese Schlammziegel ein hervorragendes Baumaterial, dessen Herstellung wenig Energie benötigt. Die Technik mit Schlamm- und Lehmsteinen zu bauen, heisst „Adobe“, ein Wort, das von koptisch tob abgeleitet ist und Mauerziegel bedeutet.
Holz war hingegen im alten Ägypten ausserordentlich
rar und diente vor allem zur Herstellung
von Pfeilern, Balken und Türen. Auch Steinelemente waren in den Häusern selten
zu finden. Aus Stein waren fast nur die Türgewände und Türschwellen.
Man kann sich leicht vorstellen, dass das Mauerwerk
aus Schlammziegel nicht sehr dauerhaft war. Schon nach wenigen Jahren musste
man ausbessern und reparieren, aber wie die Araber sehen auch die Ägypter
keinen grossen Sinn im regelmässigen Unterhalt von Gebäuden. Sie
messen ihren Häusern wenig Wert bei. Schon Diodorus Siculus stellte
diesbezüglich fest (2):
“Die Einwohner messen dem Leben auf der Erde nur geringen Wert bei, hingegen um so mehr demjenigen nach dem Tode sowie dem Gedenken durch die Nachkommen. Ihre Häuser nennen sie „Herbergen“ weil man darin nur für kurze Zeit wohnt, hingegen nennen sie ihre Gräber „Ewige Wohnstätten“ weil sie dort nach ihrem Tode in Ewigkeit weiterleben. Deswegen investieren sie auch nur wenig in den Bau ihrer Häuser, aber viel in den ihrer Grabstätten und deren Einrichtung“.
Der Unterschied zwischen den Häusern der Lebenden und
denjenigen der Toten lag hauptsächlich im Umfang und in die Qualität der
Ausführung der Arbeiten. Die Behausungen der armen Leute waren eher
Unterschlüpfe zum Schlafen als wirkliche Häuser. Sie hatten keine Fenster und
die einzige Öffnung war die Eingangstür vor der sich ein überdeckter,
schattiges Platz befand, an dem die Frauen vor der Sonne geschützt kochen und
weben konnten. Auch die Haustiere lebten in dem Hof und nicht selten schliefen
sie ebenfalls in der Hütte, zusammen mit der Familie.
Altägyptische
Abbildung der Herstellung von Schlammziegeln
Gegen Ende des Alten Reiches, wurden aus diese
primitiven Behausungen richtige Häuser mit mehreren Zimmern. Der Vorplatz vor
dem Eingang wurde eine schattige Veranda mit einem von Pfeilern getragenen
Dach. Die Mauern bekamen eine grössere Dicke, ausreichend, um ein oberes Geschoss
zu tragen. Die Gewände der Türen und Fenster waren nun aus Stein wie auch die Türschwellen,
vor allem dort, wo man direkt auf felsigem Untergrund baute oder in der Nähe
von verfallenen und abzutragenden Steinbauten. Die Häuser hatten keine
Fundamente, sondern waren entweder direkt auf den felsigen Untergrund gebaut
oder auf den Trümmern alter Gebäude, die eingeebnet, befeuchtet, glatt gewalzt
und verdichtetet wurden, so dass sich eine harte, plane Fläche ergab.
Die leichten Flachdächer waren aus Holzbalken und
Zweigen gebaut und mit einem Lehmestrich bedeckt, der weiss getüncht war, damit
das Dach die Sonnenstrahlen besser reflektierte. Auf diesem Flachdach erhob
sich eine leichtes Pavillondach unter dem
man Früchte trocknen und geschützt aufheben, aber auch schlafen konnte, denn
nachts war das Dach der kühlste und luftigste Platz des Hauses. Eine hohe Mauer
verhinderte die Einsicht vom Nachbargrundstück aus und garantierte der Familie eine
gewisse Privacy.
Die Fenster dieser Häuser waren klein und lagen direkt
unter der Zimmerdecke. Sie dienten vor allem der Lüftung und nicht zur
Belichtung der Räume. Sie konnten mit Papyrusvorhängen verschlossen werden, um
Fliegen und Mücken fernzuhalten. Vor den Fenstern der reicheren Häuser waren
zudem Eisengitter angebracht um Dieben den Einstieg zu erschweren.
Die Einrichtung der Häuser, auch die der Wohlhabenden,
beschränkte sich aufs Wesentliche, auch schon wegen des Mangels an Holz. Sie
bestand normalerweise aus dreibeinigen Hockern und Körben unterschiedlicher
Grösse. Am Abend und in der Nacht waren
kleine Öl- und Talglampen aus Terrakotta
oder Stein mit einem Docht aus Wolle oder Leinen in Gebrauch.
Das Leben der Menschen spielte sich im Rhythmus des
Sonnenverlaufs ab: man stand bei Sonnenaufgang auf und ging bei Sonnenuntergang
Schlafen. Man kennt Fälle, in denen der
Hausherr getrennt vom Rest der Familie in einem Zelt aus Leder schlief.
Häuser
in der Stadt
Die Häuser in der Stadt waren sehr verschieden von denen
auf dem Lande. Sie hatten normalerweise zwei oder drei Geschosse und standen
eng beieinander. Im Erdgeschoss lagen
die Arbeitsräume und der Laden des Hausbesitzers, in den oberen Geschossen befand
sich dessen Wohnung. Auch diese Häuser hatten Flachdächer, wo man in der warmen
Jahreszeit schlief. Auf dem Dach gab es oft auch eine Küche, weil es dort
sicherer war ein Feuer zu unterhalten, als im Innern des Hauses. Auf dem Dach
gab es auch keine Probleme mit dem Rauch. Der Wind trug ihn fort.
Das Haus des Djehutinefer
Dank einer Abbildung, die in
einer Grabstätte entdeckt wurde, kennen wir recht gut das Haus des Djehutinefer. Dieser war Schreiber und
Finanzverwalter unter König Amenhotep II (1427-1400 a.C.), betrieb aber auch
eigene Geschäfte. In seinem Grab ist sein Haus im Querschnitt abgebildet. Das
Haus scheint drei Stockwerke zu haben, doch ist auf den Darstellungen nicht
immer ganz klar, wie die gezeigten Räume zueinander liegen; manchmal sind sie
nebeneinander, dann wieder übereinander abgebildet. Schliesslich handelt es
sich nicht um Bauzeichnungen.
Den Pfeilern und Stützen
zufolge hat das Haus drei Geschosse und bietet insgesamt etwa 300 Quadratmeter
Nutzfläche. Gegenüber normalen Häusern ist das des Djehutinefer sehr geräumig und komfortabel, auch wenn es bedeutend
kleiner ist als die Paläste und Villen der damaligen Aristokratie.
Das Haus
des Djehutinefer
Im Erdgeschoss erkennt man Bedienstete, die am Spinnen sind
und an zwei Webstühlen arbeiten. Weiter rechts mahlt ein anderer Bediensteter
Korn und ein weiterer siebt das Mehl. Das Sieben des Mehls war ein sehr wichtiger
Vorgang, denn es enthielt immer kleine Fragmente des Mühlsteins. Die
Dienerschaft schlief gewöhnlich in den gleichen Lokalen, in denen sie
arbeitete.
Im ersten Stock des Hauses sieht man die Wohnung der
Familie. Im Hauptraum, dem ga’a, sieht
man den Hausherrn, wie er auf einem Stuhl sitzt, der erhöht auf einem Podest
steht. Ein Diener bietet ihm eine Erfrischung an, ein weiterer reicht ihm
Blumen. Die vier kleinen Fenster unter derer Decke lassen Luft und etwas Licht
ins Zimmer. Der Raum ist höher und offensichtlich besser eingerichtet als alle
anderen, denn hier empfängt der Hausherr auch seine Besucher.
Im zweiten Obergeschoss zeigt die Abbildung nochmals
den Hausherrn, der in seinem Büro auf einem erhöhten Stuhl sitzt. Ein Diener
verscheucht mit einem Wedel die Fliegen, während ihm ein anderer ein Getränk
reicht. Zwei Schreiber warten auf Befehle ihres Herrn.
Auf dem Dach, wo Kornbehälter stehen, kocht man auch das Essen, das, wenn es fertig ist, über eine Treppe nach unten gebracht wird.
Alle Decken werden von Holzsäulen getragen, die drei
verschiedene Kapitäle haben, einfache und schmucklose in den Räumen der
Dienerschaft, verzierte in den oberen Stockwerken.
Nicht alle Ägypter in der Stadt besassen ein so
grosses Wohnhaus wie Djehutinefer, oder
zumindest ein Wohnhaus, das von den Nachbarhäusern klar getrennt war. In den
Städten waren das Grundeigentum und die Durchgangsrechte oft auf mehrere
Besitzer aufgeteilt und die Grundstücksgrenzen waren selten klar und genau definiert, was häufig Anlass zu
Streitigkeiten zwischen Nachbarn gab.
Obwohl im alten Ägypten die Häuser der einfachen Leute
und der Reichen sehr verschieden waren, hatten sie doch einige gemeinsame
Merkmale: beide Arten von Gebäuden waren dem heissen Klima entsprechend gebaut.
Im Innern war es weniger heiss als draussen, dafür lebte man drinnen vorwiegend
im Halbdunkel. Die Fenster waren klein und dienten vor allem der Lüftung. Man
konnte sie gegen verschliessen (3), so dass Fliegen, Staub und Hitze draussen
blieben. Manche Häuser hatten auf dem Dach Windfänger, die die kühleren
Nachtwinde auffingen, welche dann die Zimmer durchquerten und durch Türen und
Fenster wieder austraten. Diese Art von Nachtkühlung funktioniert recht gut,
sofern der Wind stark genug ist, das ganze Haus zu durchqueren.
Die Häuser der Begüterten besassen auch Bäder und Abtritte.
Die üblichen Böden aus Stampflehm waren für diese Räume ungeeignet; deswegen
lehnte an einer der Wände eine grosse Steinplatte oder die Wände des Raumes
waren mit Steinplatten verkleidet. Das Abwasser wurde entweder in einem Gefäss
aufgefangen, das regelmässig von Hand geleert wurde, oder es gab einen
Abflusskanal und das Wasser versickerte frei im Boden. Die häuslichen Abwässer
wurden entweder in Senkgruben aufgefangen oder landeten im Fluss, wenn nicht
direkt auf der Strasse (4).
Herodot (5) sagt von den Ägyptern: “Die Entleerung macht man im Hause ab, essen
tut man auf der Strasse. Sie geben als Grund dafür an, dass man natürliche Bedürfnisse,
soweit sie hässlich sind, im Geheimen, soweit sie nicht hässlich sind,
öffentlich befriedigen müsse.“
Das Wasser bezog man von öffentlichen oder privaten
Brunnen, zumindest seit dem Neuen Reich. In Pi-Ramesse, einer Stadt im Delta,
hat man öffentliche Schachtbrunnen entdeckt, dessen grösster einen Durchmesser
von fünf Meter hatte und eine Wendeltreppe über die man bis zum Wasser hinunter
gelangte. Der Wasserspiegel war jedoch so niedrig, dass man das Wasser mit dem shaduf heraufheben musste.
Trinkwasser bezog man auch direkt aus dem Nil, oder
schlimmer noch, aus einem seiner Seitenkanäle. Die Art der Wasserversorgung
führte zu beträchtlichen gesundheitlichen Problemen bei der Bevölkerung.
Durchfall und Bilharziose waren stark verbreitete Krankheiten. Auf der anderen
Seite des Nils, in der Wüste, war die Wasserversorgung noch schwieriger und vor
allem schwer zu organisieren.
Gärten
Eine weitere Quelle der
Erfrischung waren im alten Ägypten die Gärten, welche manche Häuser und Paläste
umgaben. Diese Gärten waren baumstanden und hatten nicht selten auch
Wasserbecken und Teiche. Solche Gärten hatten natürlich nur die Reichen, die
sich eine Villa auf ihrem Landgut leisten konnten.
Garten eines hohen Beamten des Königs Amenhotep (Amenophis)
III, Teben (bekannt auch als Garten des Senefer)
Diese
Villen hatten hohe Räume mit von Säulen getragenen Decken, vergitterte,
manchmal reichverzierte Fenster, Böden aus Tonplatten und bemalte Wände. Die
oberen Geschosse hatten verschliessbare Fenster mit Storen, die das Eindringen
von Staub, Hitze und Insekten verhinderten. Wer es sich erlauben konnte, baute
seine Villa nicht aus Schlammziegeln, sondern aus Kalk- und Sandstein.
Eine
Aussentreppe führte aufs Dach von wo aus der Hausherr seine Besitzungen
überblicken konnte. Diese Villen hatten weitläufige Gärten mit Wasserbecken
voller Fische und in denen Seerosen blühten, Blumenbeeten, Bäumen und
Sträuchern und manchmal sogar einen kleiner Privattempel. Nicht weit entfernt
von der Villa lagen die Kornspeicher, Ställe und Sklavenwohnungen. Eine oft von
Zinnen bekrönte Mauer umschloss das Anwesen, welches man über eine gepflegte
Strasse erreichte und durch ein grosses Tor betrat.
(1) Die alten Ägypter
nannten ihr Land Km.t, “Schwarze Erde”; der Ausdruck bezieht auf die
Farbe der fruchtbaren Erde im Niltal. Im
Gegensatz dazu, nannten sie “Rote Erde” die Wüsten (DSr.yt), die sich im
Osten und im Westen des Niltals befinden
(2) Diodorus Siculus, Bibliotheca historica, Übersetzung
von Gerhard Wirth und Wilhelm Gessel, Kap. 51
(3) Folgt man Anweisungen des Papyrus Ankhsheshonq so führen grosse Fenster zu
mehr Hitze als zu mehr Kühlung (M. Lichtheim, Ancient Egyptian Literature, Vol.3, S.175)
(4) Diesbezüglich beschreibt der Grieche Heraklit wie ihm am 5. Mai des
Jahres 218 v.u.Z.. eine Ägypterin, die von Heraklit Psenobastis genannt wird,
einen Topf voll Urin nachgeworfen hat als er zu Pferd das Dorf Psia im Fayum-Becken
durchquerte. Dann zerriss die Frau ihm seine Kleider und spuckte ihm
ins Gesicht. Heraklit hatte wahrscheinlich in Ägypten gelebt, aber man erkannte
ihn an seiner Kleidung und an seinem Gebaren als Griechen. Offenbar konnte er
nur wenig Ägyptisch sonst hätte er gewusst, dass Psenobastis ein Männername war. Quelle: Unijournal, Zeitschrift der Universität Trier, Zentrum für
Altertumswissenschaften, Jahrgang 29/2003
(5) Herodot, Historien II, 35
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