Feuchtwarmes Klima
Die
traditionelle Architektur, die man im feuchtwarmen Klima antrifft, ist sehr
verschieden von der warmtrockener Gebiete, die wir vorher besprochen haben. Als
Beispiele habe ich die traditionelle Architektur der Samoa-Inseln und Japans
gewählt. Es handelt sich um zwei sehr verschiedene Antworten auf eine ähnliche
Herausforderung.
Die Samoa-Inseln
befinden sich auf der südlichen Halbkugel, in der äquatorialen Zone des
südwestlichen Pazifischen Ozeans. Das Klima in dieser Zone ist tropisch und es
gibt dort nur zwei Jahreszeiten: eine Trockenzeit und eine Regenzeit, die von
November bis April dauert. Die Temperaturen variieren zwischen 20 und 30°C bei
einem Mittelwert von 27°C. Im Jahresverlauf fallen 2870 mm Regen (zum
Vergleich: Zürich 1150 mm). Hin und wieder wird die Inselgruppe von heftigen
Tropenstürmen heimgesucht.
Samoa-Archipel
Die Inselgruppe von
Samoa ist politisch zweigeteilt: der Westteil ist ein eigener Staat, der
Ostteil gehört zu den USA. Zum Staat von Samoa gehören die zwei Hauptinseln
Upolu mit der Hauptstadt Apia und die Insel Sabai‘i. Ausser der Hauptstadt Apia gibt es auf Upolu
nur kleinere Dörfer. Die meisten von ihnen liegen im Küstengebiet und sind
durch eine Küstenstrasse verbunden. Die Dörfer bestehen aus Häusern, die sich
um einen Dorfplatz (malae) herum gruppieren, an
dem auch die Kirche, die Pfarrei, die Schule und die Versammlungs- und
Gästehäuser liegen. Die Häuser dienen hauptsächlich zum Schlafen und sind mit
anderen verbunden in denen man kocht.
Die Sitten Samoas
verlangen von den Familien und von den Dörfern, dass sie Gäste aufnehmen und
beherbergen. Deshalb gab es auf den
Inseln überall Gästehäuser, die jederzeit Besucher aufnehmen konnten und
Familien, die bereit waren die Gäste mit allem Notwendigen zu versorgen.
Traditionelles Haus (fale) des Samoa-Archipels
Ungeachtet der
Heftigkeit der tropischen Stürme, welche die Inselgruppe periodisch heimsuchen,
sind die traditionellen Häuser sehr leicht gebaut. Das Haus, auf
Samoanisch fale, ist aus Baumstämmen errichtet und fast nach allen Seiten hin
offen, damit man einen kontinuierlichen Luftzug hat. Nur wenn es regnet und
stürmt wird das Haus teilweise mit Windschirmen aus Kokosblättern geschlossen.
Den grössten Teil des Jahres bleibt das Haus jedoch offen.
Die Häuser haben
grosse, steile, Dächer aus Zuckerrohrblättern, die, wenn sie nach den Regeln
der Kunst verarbeitet werden, zwischen zehn und fünfzehn Jahre halten. Die Steile der Dachflächen lässt das
Regenwasser aufs Schnellste ablaufen, so dass die Blätter kaum lange feucht
bleiben. Wenn die Sonne scheint, wird es unter dem Dach schnell heiss, so dass
die Konstruktion rasch wieder trocknet.
Der
Fussboden der traditionellen Häuser ist mit flachen, geschliffenen und
abgerundeten Steinen belegt, weil man glaubt, sie seien ideal um eine
ausgeglichene Temperatur im Haus zu erzielen. An heissen und feuchten Tagen
kühlen die Steine das Haus, an kühleren Tagen geben sie die gespeicherte Wärme
ab und wärmen das Haus.
Über
den Steinboden werden Matten ausgelegt, zuerst grobe aus Blättern der
Kokospalme (pola), darüber feinere (laufala) aus getrockneten Pandanus-Blättern (eine Art aus der
Familie der Pandanaceen mit schmalen und spitzen Blättern).
In der
traditionellen Kultur der Samoaner gab es kein richtiges Privatleben, alles
spielte sich in der Gemeinschaft ab und auch der Hausbau war Gemeinschaftssache
an der sich alle Dorfbewohner beteiligten. Wenn man ein Haus oder ein Gästehaus
bauen musste, rief man normalerweise einen Baumeister, den tufuga, und dessen Mitarbeiter. Der tufuga organisierte, leitete und kontrollierte die Ausführung der
Arbeiten, bestimmte die Dimensionen von Balken und Pfeilern, suchte die Blätter
der Dacheindeckung, die Seile und andere Verbindungsteile aus, während die
Mitglieder der Familie zusammen mit anderen Dörflern die Arbeiten ausführten.
Dieses traditionelle Gebäude
war ursprünglich ein Versammlungshaus und diente für zeremonielle
Zusammenkünfte. Heute befindet es sich in der Universität von Samoa in Apia und
wird als Clubhaus genutzt.
Viele traditionelle Häuser sind 1964 bei einem schrecklichen
Hurrikan zerstört worden. Die Regierung hat daraufhin finanzielle Mittel für
den Wiederaufbau bereit gestellt, aber die neuen Häuser hat man aus
Zementblöcken gebaut. Dieser Wiederaufbau hat das Bauwesen der Insel drastisch
verändert. Auch das Geld, das Emigranten ihren Familien überweisen und die
grössere Verfügbarkeit moderner Baustoffe haben auf der Insel grundlegende Veränderungen
gebracht. Anstelle von Baumstämmen benutzt man nun gesägte Balken und die
Fundamente sind aus Beton. Zement ersetzt den Kalk der früher aus Korallen hergestellt
wurde. Die neue Architektur hat auch die Gebräuche der Menschen verändert. In
den Wohnungen trifft man immer häufiger eine Küche und oft auch ein Badezimmer.
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