martedì 10 settembre 2013

Mittelmeerklima - Antikes Rom - Heliocaminus


Verbunden mit dem Thema „Bäder“ ist der Begriff „heliocaminus“ auf welchen moderne Verfechter der Sonnenenergie sich gerne berufen, um auf die Wichtigkeit hinzuweisen, welche die Sonne bei den Römern genoss und um das „Recht auf Sonne“ zu untermauern. Leider ist nicht ganz sicher, was mit „heliocaminus“ wirklich gemeint ist.

Das Wort „heliocaminus“ kommt in der antiken Literatur nur zweimal vor: einmal in einem Brief von Plinius dem Jüngeren und zum zweiten Mal in den Digesten. Aus der Beschreibung, die Plinius in seinem Brief an seinen Freund  Gallus (1) gibt, lässt sich annehmen, das ein „heliocaminus“ so etwas wie ein „Solarium“ ist, ein Raum, in dem man die Sonne richtig geniessen kann und der von der Sonne auch im Winter erwärmt wird.

Die Digesten sind eine Kompilation fragmentarischer antiker juristischer Texte, aus der Zeit Kaiser Justinians I. (ca. 482-527 u.Z.). Dort steht, dass man einem als „heliocaminus“ dienenden Raum die Sonne nicht nehmen darf, zum Beispiel durch Verschattung. In der Regel sieht man in einem „heliocaminus“ ein zur Sonne ausgerichtetes Zimmer, ein Zimmer, welches sehr viel Sonne erhält, also etwas ähnliches wie ein Solarium (2). Bei Vitruv kommt das Wort nicht vor. Dieser spricht zwar oft von der besten Besonnung der Räume, aber er gebraucht diesen Ausdruck nie.

Die Thermen mit heliocaminus in Tivoli

In der Hadriansvilla in Tivoli, nahe bei Rom, stehen neben der Residenz aus republikanischer Zeit und mit dieser durch einen Gang verbunden, die Reste eines Gebäudes, das „heliocaminus“ genannt wird und das Teil einer kleinen Badeanlage war.  Es handelt sich um einen runden, von einer Kuppel überwölbten Saal. Die Kuppel war kassettiert und hatte oben eine kreisrunde, mit einer bronzenen Klappe verschliessbare Öffnung (lumen), deren Stellung mittels einer Kette reguliert werden konnte. Sie  diente zur Regelung von Wärme und Dampf.

 
Die “Thermen mit heliocaminus” haben ihren Namen von diesem Bauwerk erhalten, das als   heliocaminus  bezeichnet wird. Der Raum  wurde allerdings nicht nur von der Sonne erwärmt, sondern besass auch eine Fussbodenheizung (hypocaustum) (Bild: Stefan Ramseier)

Der Saal hatte auf der Südwestseite  fünf grosse verglaste Fenster. Die Glasscheiben waren von bescheidener Dimension und mit Blei an einem Eisen- oder Bronzerahmen befestigt. In der Mitte des Raumes stand ein grosses, rundes Wasserbecken. Die fünf Fenster waren im Halbrund angeordnet, so dass man im Innern möglichst lang Sonne hatte. Der Fussboden des Raumes war jedoch auch heizbar. Er stand auf kleinen Pfeilerchen (suspensurae) zwischen denen Heissluft zirkulierte. Die Archäologen nehmen an, dass dieser Raum ein solarium oder ein sudatium war, eine Art Sauna, weil man unter dem Fussboden auch eine Anlage zur Warmwasser- oder Dampferzeugung (testudines) gefunden hat (3).

 
Schnitt des runden Saales, genannt heliocaminus in der Villa Hadriana in Tivoli (Quelle: habitat.aq.upm.es/boletin/n9/famvaz/i3amvaz.html)

Den Saal haben die Archäologen „heliocaminus” genannt mit Bezug auf die Beschreibung, die Plinius der Jüngere von seiner südlich von Rom gelegenen Villa gibt (Plinius d.J., epist. 17. lib. 2, 20). Darin heisst es: „in hac heliocaminus quidem, alia xystum, alia mare, utraque solem, etc. (In ihm befindet sich ein Sonnenbad mit Ausblick, hier auf die Terrasse, dort aufs Meer und beiderseits auf die Sonne, etc.).

Der seltene Ausdruck „heliocaminus” lässt daran denken, dass dieser Raum in der Villa eine Besonderheit hatte, denn auch mehrere andere Räume der Villa waren nach der Sonne ausgerichtet. Ich halte es für möglich, dass Plinius das Wort wegen der Form des Raumes gewählt hat.

Im Lateinischen ist caminus auch ein Brennofen (fornax), und ein Brennofen ist eine gemauerte Kammer mit einem Rost als Boden, in der man Tonwaren brennt. Die alten Brennöfen, von denen noch einige wenige in Betrieb sind, hatten einen runden Grundriss und waren von einer Kuppel uberwölbt (ähnlich wie manche Pizzaöfen). Unter der Kammer entzündete man das Feuer und oben in der Kuppel befand sich der Rauchabzug. Die Form war sehr rational, denn die Hitze verteilte sich in der Kammer gleichförmig und, wenn das Ganze einmal heiss war, hielt die Ziegelmasse noch lange die Temperatur.

Man könnte also heliocaminus mit „Solarofen” übersetzen: Ofen, weil er von unten beheizt wurde, und Solar, weil er grosse Fenster auf der Südseite hatte, die die Sonne hereinliessen. Seine Funktion war die eines sudatiums und eines solariums, also nicht einfach ein gut besonntes Zimmer oder eine gut besonnte Wohnung.

Es scheint als seien solche Solarien und Schwitzräume vor allem in den Landhäusern (villae rusticae) verbreitet gewesen, denn auf dem Lande gab es genug Platz um freistehende, nach Südosten ausgerichtete Bäder zu errichten, die Sonne von Mittag bis zum Abend erhielten.

Die zweite Stelle, an der von heliocaminus die Rede ist, findet sich in den Digesten des Enea Domitius Ulpianus, einer der letzten grossen, römischen Juristen der klassischen Zeit. Ulpianus stammte aus Tyros in Phönizien, wo er um 170 u.Z. geboren wurde. Er starb 223 u.Z. in Rom. Zusammen mit seinem Kollegen Paulus gehörte er zum concilium des Prätorianerpräfekten Papianus, stieg dann selbst zum Prätorianerpräfekt auf und wurde im Jahr 223 u.Z. von einer Gruppe revoltierender Prätorianer ermordet. Er war ein sehr eifriger Schriftsteller; man weiss von 280 Büchern, die er geschrieben hat. Auszüge aus seinen Schriften fanden in grossem Stil Eingang in die Digesten des Kaisers Justinianus.

In dieser Gesetzessammlung, wird ein heliocaminus einem Solarium gleichgesetzt, einem Raum in dem man sich sonnt, oder der von der Sonne erwärmt wird. Auf jeden Fall handelt es sich um einen Raum, in dem die Sonne unabdinglich ist.

Ulpianus schreibt (4): Wenn jemand behauptet, dass eine Sache so angeordnet ist, dass es einem heliocaminus oder einem solarium die Sonne wegnimmt, muss man sich vergewissern, dass diese Sache tatsächlich einen Ort verschattet, der notwendigerweise Sonne braucht“.

Der Absatz in den Digesten bezieht sich ganz klar auf eine städtische Situation, in der es vielfach unvermeidbar ist, dass ein hohes Bauwerk anderen, nahestehenden Gebäuden die Sonne wegnimmt. Das was das von Ulpian zitierte Gesetz sagt, dass es Gebäude und Einrichtungen wie ein heliocaminus oder ein solarium gibt, denen man die Sonne nicht wegnehmen darf. Dazu dürften auch die warmen Bäder der Thermen gehören. Um einer Verschattung vorzubeugen, waren den warmen und lauen Bädern (calidaria, tepidaria) der Kaiserthermen in Rom grosse Freiflächen vorgelagert. Das Recht auf Sonne, war jedoch nicht so, wie es heute gewisse Verfechter der Solararchitektur und Umweltschützer wollen (5), ein allgemeines Recht (denn um in allen römischen Wohnungen Sonne zu bringen, hätte man Rom abreissen müssen). Das Recht auf Sonne galt insbesondere öffentlichen Einrichtungen und nicht privaten.

Anmerkungen


(1) Plinus der Jüngere, Briefe. Buch II, Brief 17

(2) Lateinisches Online-Wörterbuch (www.albertmartin.de): ein nach der Sonnenseite gelegenes Zimmer. Charlton Lewis & Charles Short: A Latin Dictionary  (London: Oxford University Press, 1879) “an apartment exposed to the sun, used as a winter abode)

(3) Manderscheid, Hubertus: Überlegungen zur Wasserarchitektur und ihrer Funktion in der Villa Adriana, p. 109-140, Römische Mitteilungen 107 (2000)

(4) Dig. 8, 2, 17 pr.Si arborem ponat, ut lumini officiat, aeque dicendum erit contra impositam servitutem eum facere: nam et arbor efficit, quo minus caeli videri possit. Si tamen id quod ponitur lumen quidem nihil impediat, solem autem auferat, si quidem eo loci, quo gratum erat eum non esse, potest dici nihil contra servitutem facere: sin vero heliocamino vel solario, dicendum erit, quia umbram facit in loco, cui sol fuit necessarius, contra servitutem impositam fieri”.

(5) Treberspurg, Martin, Neues Bauen mit der Sonne, p.47, Wien/New York (1994). Butti Ken & Perlin John, Golden Thread, p.27, Palo Alto (Ca.) USA (1980).

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