sabato 30 novembre 2013

Licht, Luft und Sonne - Das Projekt Kochenhof


Nach Abschluss der Ausstellung “Die Wohnung“ in der Siedlung Weissenhof in Stuttgart, wollte der Deutsche Werkbund in eine zweite Ausstellung organisieren, ebenfalls in Stuttgart. Schon die Idee wurde von dem in der völkischen Tradition stehenden, Hitlers Partei seit 1933 angehörenden Architekten Paul Schmitthenner (1884-1972) vehement bekämpft. Dieser wollte auf dem gleichen Gelände eine Ausstellung von Häusern im „patriotischen Stil“ organisieren. Einen ersten Versuch Schmitthenners, den Werkbund ausser Gefecht zu setzen, gab es schon 1927/28. Er scheiterte jedoch und der Deutsche Werkbund begann 1932 mit der Vorbereitung seiner zweiten Stuttgarter Ausstellung auf dem Gelände „Kochenhof“. Mit der Leitung der Arbeiten wurde der Architekt Richard Döcker betraut, der schon als Bauleiter an der Erstellung der Siedlung Weissenhof mitgearbeitet hatte.

 
Modell des Projektes Kochenhof 1932

Im Januar 1933, legte die Organisationsleitung ein Programm für die Realisierung der Ausstellung vor, die unter dem Titel „Deutsches Holz für Hausbau und Wohnung“ laufen sollte, denn man wollte Holz als wirtschaftliches und gesundes Baumaterial propagieren und damit der deutschen Forstwirtschaft helfen, die sich damals in einer schwierigen Situation befand. Das Programm sah den Bau einer Reihe von Eigenheimen, welche die verschiedenen Holzbautechniken vorführen sollten. Döcker entwickelte auch einen Bebauungsplan und verteilte die einzelnen Grundstücke an die ausgewählten Architekten. Einer dieser Architekten war Hugo Häring, der ein Projekt für eine Gruppe von ein- und zweigeschossigen Häusern vorlegte, die einen Innenhof haben sollten und alle nach Süden ausgerichtet waren.

Nach der Machtübernahme durch Adolf Hitler und seine Partei, die erklärte Feinde des Neuen Bauens waren, gelang es Schmitthenner im März 1933 den Deutschen Werkbund kaltzustellen und ein Projekt durchzubringen, dessen besondere Eigenschaft darin bestand, dass nun alle Häuser Walm- und Satteldächer hatten. Im Mai 1933 wählte Schmitthenner neue Architekten für die 25 vorgesehenen Häuser und schon im Juli trugen alle projektierten Häuser solche „deutschen“ Dächer.

 
Die Siedlung Kochenhof heute (2006)

Literatur

Das Projekt am Kochenhof 1927 bis 1933 (Quelle: http://www.kochenhof-siedlung.de/geschichte/ )

 

venerdì 29 novembre 2013

Licht, Luft und Sonne - Die Siedlung Neubühl in Zürich-Wollishofen


Ein weiteres berühmtes Beispiel des Neuen Bauens der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts ist die Siedlung Neubühl in Zürich-Wollishofen (Schweiz) mit seinen 194 Wohnungen.

 
Die Siedlung Neubühl 1929

Die Wurzeln der Siedlung "Neubühl" gehen auf die Ausstellung “Die Wohnung” zurück, die der Deutsche Werkbund organisiert hatte und die im Sommer 1927 in Stuttgart zu sehen war, mit anderen Worten auf die Siedlung Weissenhof. Das Besondere, welches die Siedlung Neubühl von anderen Mustersiedlungen unterscheidet, ist die Tatsache, dass sie trotz der Beteiligung verschiedener Architekten ein städtebauliches Ganzes bildet, in dem alle Gebäude nach den gleichen konstruktiven Details gebaut worden sind. Eine zweite Besonderheit ist die, dass Neubühl nicht als Arbeitersiedlung, sondern für Familien des Mittelstandes geplant wurde, denen man Wohnungen zu günstigen Mietzinsen anbieten wollte.

Das älteste Dokument, das die Siedlung Neubühl betrifft, ist eine Skizze des Architekten Rudolf Steiger vom 12. November 1928. Eineinhalb Jahre später, im Sommer 1930, beginnen die Bauarbeiten und im Frühjahr 1932 können die Wohnungen der dritten Bauetappe übergeben werden. Die neue Siedlung wurde folglich in mitten der Weltwirtschaftskrise erstellt und zwar auf der Basis einer privaten Initiative und im Auftrag einer eigens dazu gegründeten Genossenschaft.

 
Erster Projektvorschlag von 1928

Alle Gebäude der Siedlung sind senkrecht zu den Quartiersstrassen angeordnet, damit die Wohnungen nicht dem Staub und dem Lärm des Verkehrs ausgesetzt sind. Die Wohnungen sind nach Südosten orientiert und folglich gut besonnt. Es war jedoch nicht die ausdrückliche Absicht der Architekten durch diese Orientierung die winterlichen Heizkosten zu reduzieren. Den Wohnungen eine gute Besonnung zu ermöglichen war jedoch eines der Prinzipien des Neuen Bauens. Und man weiss ja, dass in Europa die beste Ausrichtung der Wohnräume diejenige nach Süden ist. Im Fall von Neubühl wäre das möglich gewesen, aber man hat es vorgezogen, dass die Baukörper senkrecht zu den Quartiersstrassen stehen.

Im Vergleich zur Weissenhofsiedlung in Stuttgart, handelte es sich bei Neubühl nicht um das Erstellen von Musterbauten und Musterwohnungen. In Kenntnis der Erfahrungen mit Mies van der Rohes Musterhaus in der Weissenhof-Siedlung bemühte man in Neubühl nur bauliche Details zu verwenden, die sich schon als zuverlässig erwiesen hatten, nicht zuletzt auch um die Baukosten zu begrenzen. 

 
Plakat von 1931: Licht, Luft und Öffnung sind die Hauptziele des Neuen Bauens

Das Grundstück, auf dem sie Siedlung Neubühl steht, wurde von sechs verschiedenen Eigentümern erworben, von denen jeder danach trachtete den höchstmöglichen Preis zu erzielen. Aus diesem Grund war es notwendig jeden Kubikmeter auszunutzen, den das Baureglement gestattete, welches an diesem Ort ursprünglich ein Einfamilienhausquartier vorgesehen hatte.

Die Gebäudeachsen erstrecken sich parallel zum Hang des Hügels zwischen dem Zürichsee und dem Sihltal. Die an der Planung beteiligten Architekten waren die Zürcher Architekten Max Ernst Haefeli, Carl Theodor Hubacher, Rudolf Steiger, Werner Max Moser und Emil Roth sowie die Basler Architekten Paul Artaria  e Hans Schmidt. Die ersten Bewohner des neuen Quartiers waren junge Künstler – Grafiker, Maler, Schauspieler, Schriftsteller und Architekten. Alle waren von der neuartigen modernen Architektur mit ihren Flachdächern begeistert angezogen.

 
Die Siedlung Neubühl heute (2006)

Die Projektierung der neuen Siedlung schloss auch die Inneneinrichtung ein. Um den Ideen der Architekten mehr Schwungkraft zu verleihen, wurde 1931 die Firma Wohnbedarf AG (Wobag) ins Leben gerufen, eine Werkstatt, die sich um die Entwicklung neuer Einrichtungsgegenstände und Möbel bemühte. Die Arbeiten wurden von dem jungen Schweizer Architekt und Grafiker Max Bill (1908-1994) koordiniert, der kurz zuvor aus Deutschland zurückgekehrt war, wo er am Bauhaus gearbeitet hatte. Er organisierte 1931 eine Ausstellung in der Siedlung wo er eine Wohnung und ein Atelier einrichtete. Er entwarf auch das Plakat zur Ausstellung sowie Prospekte und Annoncen.

Trotz seiner unbestreitbaren Wichtigkeit für die moderne Architektur, seiner Rolle als Meilenstein der dieser Architektur und als eines der wichtigsten Beispiele des Neuen Bauens, steht die Siedlung Neubühl heute nicht unter Denkmalschutz, im Gegensatz zur Weissenhof-Siedlung in Stuttgart.


Literatur

·          Albers, Gerd und Fritz Eggeling (Hrsg.)(1965): StadtBauwelt 5, 1965. 

·          Franzen, Brigitte (1993): Die Siedlung Dammerstock in Karlsruhe 1929. Zur Vermittlung des Neuen Bauens. Marburg: alp-druck

·          Marbach, Ueli und Rüegg, Arthur (1990): Werkbundsiedlung Neubühl - Entstehung und Erneuerung. Zürich: gta Verlag

·          P.M., Von der Werkbundsiedlung Neubühl in Zürich-Wollishofen, in: Schweizerische Bauzeitung, 29.06.1929, p. 317-321.

·          Werkbund-Siedlung Neubühl, in: Tages-Anzeiger del 29.10.1977

mercoledì 27 novembre 2013

Licht, Luft und Sonne - Hugo Häring


Einer der Protagonisten des Neuen Bauens war Hugo Häring (1882-1958). Seine Kommentare und Gedanken zum Thema  “Baukunst” legen die Fundamente zur „organischen Architektur“.

 
Hugo  Häring

Häring unterschied das Neue Bauen von der “modernen” Architektur Le Corbusiers. Den Unterschied sah er in den unterschiedlichen Wurzeln beider Richtungen: nach ihm verkörperte das Neue Bauen das Erbe der germanisch-nordischen Kultur, während er die „modernen“ Architektur der mediterranen, lateinischen Kultur zuordnete. Er selbst betrachtete sich als von Louis Sullivan beeinflusst und hatte viele gemeinsame Ideen mit Frank Lloyd Wright.

Häring hatte Architektur in Stuttgart bei Theodor Fischer (1862-1938) studiert, sowie in Dresden bei

Paul Wallot (1841-1912) und Fritz Schumacher (1869-1947). Als Theodor Fischer 1902 nach Stuttgart berufen wurde, ging auch Häring dorthin zurück, wo er 1903 sein Studium abschloss. In den darauffolgenden Jahren arbeitete er als Architekt in Ulm und in Hamburg. Seine berufliche Arbeit wurde durch den Ersten Weltkrieg (1914-18) unterbrochen.

1921, im Alter von 39 Jahren ging er nach Berlin, wo er in eigenes Architekturbüro eröffnete. Seine bekannteste Arbeit ist das in der Nähe des Pönitzsees gelegene Gut Garkau, unweit von Lübeck (von 1924 bis 1925). Um 1923 gründete er zusammen mit Ludwig Mies van der Rohe und anderen Architekten die Gruppe „Neues Bauen“, die sich in einer ersten Phase “Zehnerring” nannte, weil ihr zehn Architekten angehörten. Nachdem weitere Mitglieder hinzugekommen waren, nannte sich die Gruppe nur noch „Ring“. Häring fungierte als Sekretär der Gruppe. 1933, nach der Machtübernahme durch die Nazis, wurde die Gruppe als „entartet“ eingestuft und ihre architektonischen Ideen als „unvölkisch“ verdammt.

 Zwischen 1927 und 1932 arbeitete Häring intensiv an städtebaulichen Projekten für Berlin. Ein wichtiger Teil seiner Tätigkeit war der Entwurf von Arbeiterwohnungen, deren Bau nach dem Ersten Weltkrieg eine dringende Notwendigkeit war. Härings Name ist eng verbunden mit der Siedlung “Onkel Toms Hütte” in Berlin-Zehlendorf (1926-31). 1931 war er der einzige deutsche Architekt, der von Joseph Frank eingeladen wurde, für die Werkbundausstellung in Wien einige Häuser zu entwerfen. In Wien konnte er vier eingeschossige Häuser bauen, die alle streng nach Süden ausgerichtet sind.

Die ersten Studien zum organischen Wohnungsbau gehen auf diese Zeit zurück und beginnen mit der Aufgabe der Symmetrie, des rechten Winkels, der geraden Linien und des rechtwinkligen Grundrisses. So wird zum Beispiel das Wohnzimmer in verschiedene Bereiche aufgeteilt - Essplatz, Sitzgruppe, Kaminecke -, die durch gekurvte Wände getrennt sind. Häring entwickelt seine Häuser von innen nach aussen. Die Wohnung ist gegen die Kälte auf der Nordostseite durch eine geradlinige Mauer geschlossen, auf der Südseite öffnet sie sich hingegen gegen die Sonne. Häring versucht der Südseite ein Maximum an verglaster Fläche zu geben, damit Licht und Wärme ins Haus dringen können. Auch später ist dies das Prinzip, nach der er Häuser gestaltet: geschlossen auf der Nordseite, geöffnet auf der Südseite. Die Räume auf der Südseite sind entsprechend den Bedürfnissen und Wünschen der Familie und ihrer Mitglieder organisiert. Im Zentrum der Wohnung steht der Kamin (oder der Ofen), um den sich die Familie versammeln kann. Häring dreht die Hauptachse des Hauses von Nord-Süd nach Nordost-Südwest, um eine bessere Besonnung der Zimmer zu erreichen und orientiert diese nach dem Gesichtspunkt der natürlichen Belichtung: Schlafzimmer nach Osten, Wohnzimmer nach Süden, Esszimmer nach Westen, Eingang und Küche nach Norden und der Garten im Süden. Auch die Beziehung zwischen Gebäude und Landschaft wird für ihn ein wichtiger Gesichtspunkt. Zwischen die Natur und das Gebäude legt er eine Übergangszone, eine Art architektonische Landschaft, zum Beispiel eine breite Terrasse.
 
Die Berliner Ring-Siedlung 1929-31

Die Ringsiedlung ist eine Wohnanlage im heutigen Berliner Ortsteil Charlottenburg-Nord und wurde zwischen 1929 und 1931 als östliche Erweiterung der sogenannten Siemensstadt gebaut. Sie erhielt ihren Beinamen in Anlehnung an die Architektengemeinschaft Der Ring. An der Planung und Realisierung dieser Siedlung in Berlin war auch Hugo Häring beteiligt und  zwar mit einer Reihe von grossen Wohnblöcken, die  wegen ihrer halbrunden Balkone und ihrer in leuchtenden Farben bemalten Fassenden  bekannt wurde (die übrigen Gebäude waren meist in Weiss gehaltenen.

 
Wohnblock von  Hugo Häring in der Berliner Siemensstadt


Die Werkbund-Siedlung in Wien

1929 war Häring der einzige deutsche Architekt, der zur Teilnahme an einem Wettbewerb für die Planung einer Werkbundsiedlung in Wien eingeladen worden war. Im Rahmen dieser Siedlung konnte Häring zum ersten Male seine Ideen vom Flachbau realisieren. Die von ihm in den Jahren 1931-32 gebauten eingeschossigen Häuser besitzen grosse Fenster auf der Süd- und Gartenseite, während auf der Nordseite, gegen die Strasse, der Eingang, die Küche, das Bad und ein Abstellraum liegen, die alle kleinere Fenster haben. Einige Räume erhalten Licht auch von oben. Die Dächer sind leicht geneigt, wodurch die Nordfassade niedriger als die Südfassade ist. Die Dachneigung ist auch innen ablesbar. Wohnraum und Schlafzimmer sind durch eine Schiebewand getrennt, die es erlaubt, beide Zimmer tagsüber zu verbinden.

Zwei Einfamilienhäuser in Biberach an der Riss (1950)

Wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhielt Häring 1950 den Auftrag drei Einfamilienhäuser in Biberach an der Riss, seiner Geburtsstadt, zu bauen, ein Haus für Guido Schmitz und je eins für seine beiden Söhne Werner e Gerd. Die Schmitz waren Schweizer und Eigentümer einer Seidenweberei. Zwischen Dezember 1949 und Dezember 1950 wurden zwei dieser Häuser gebaut: eins für  den Vater Guido und eins für den Sohn Werner. Ich kannte beide Häuser seit ihrer Fertigstellung, denn ich hatte Verwandte, die damals ebenfalls im gleichen Quartier, dem Talfeld, wohnten. Wegen ihrer eigenwilligen Form, den dünnen Stützen und ihren Flachdächern galten die Häuser bei der Bevölkerung als extravagant, wenn nicht als entartete Kunst. Der im Dritten Reich gern gesehene Schmitthennerstil mit Sattel- oder Walmdach war den Leuten vertrauter und wurde auch nach dem Kriege noch eifrig gepflegt (Beispiel der Neubau der AOK Biberach an der Riss aus der gleichen Zeit).
 
 
Haus Werner Schmitz in Biberach an der Riss
nach der Restaurierung
 
Literatur
“Zwei Einfamilienhäuser von Hugo Häring in Biberach an der Riss“, in: Bauwelt, Zeitschrift für das gesamte Bauwesen, 43. Jg. (1952), H. 32, S.125-127
Guido Schmitz, „Wir bauten mit Hugo Häring“, in Bauwelt, Zeitschrift für das gesamte Bauwesen, 43. Jg. (1952), H. 5, S.128 ff.
Peter Blundell Jones: “Hugo Häring. The Organic versus the Geometric”; Edition Axel Menges (1999)
Matthis Schirren: “Hugo Häring. Architekt des Neuen Bauens”. Antje Cantz Verlag (2001)
Architekten in Baden-Württemberg nach 1945
Jürgen Joedicke: „Dokumente der modernen Architektur“; Krämer Verlag Stuttgart, (evtl. 1961)
S. Kremer: „Hugo Häring (1882-1958). Bauten, Entwürfe, Schriften
Jürgen Joedicke & Heinrich Lauterbach: Hugo Häring. Schriften, Entwürfe, Bauten. Stuttgart 1965
 
 
 
 
 

 

Licht, Luft und Sonne - Le Corbusier


Einer der bekanntesten Architekten des 20.Jahrhunderts und einer der Väter der modernen Architektur war Charles-Edouard Jeanneret, besser bekannt unter dem Namen Le Corbusier (1887-1965). In LC‘s Architektur spielt die Sonne eine wichtige Rolle, aber nicht als alternative Energiequelle um Wohnungen und ganze Gebäude zu heizen, sondern weil die Sonne es ist, die den Rhythmus unseres menschlichen Lebens bestimmt. Die Sonne ist die Quelle des Lichts und der Gesundheit. So schreibt er (1):

“Architecture, urbaniste, notre bonheur, l’état de notre conscience,
l’équilibre de notre vie individuelle, le rythme de nos devoirs collectifs sont gérés par le régime de 24 heures, le cycle de 24 heures du soleil. Le soleil commande. Tout: pensée, action, mouvement, fonctions, initiatives, obligations, se situent dans une mesure exacte, fatale, entre les deux portes de deux sommeils . Chaque matin, la vie recommence, les énergies sont renouvelées; chaque soir le paupières se ferment, le sommeil réalise son inexplicable miracle.

24 heures ! Telle est la mesure, telle est la cadence de la vie humaine, telle est l’unité qui gère tout.

Le problème des distances, des dimensions, des dispositions, s’insère dans ces limites précises : 24 heures.

“Ein bestimmtes Mass, nämlich der Lauf der Sonne von 24 Stunden, wird ihre (der Stadt) Ausdehnung und damit ihre Grenzen diktieren. Eine Skizze, die wir für ein echtes Symbol halten, das zu den Grundbedingungen des Städtebaus gehört, kann dies ausdrücken: das Bild des Sonnenlaufs von 24 Stunden, der die Tätigkeit des Menschen Rhythmisch ordnet. Die Sonne erhebt sich, geht unter, sie steigt von neuem auf; dies ist der Wechselrhythmus von Tag und Nacht, an den unser Leben unabwendbar gebunden ist; er ist das tägliche Mass, die Grundlage des menschlichen Lebens”. (Grundfragen, S. 46)

Für LC waren, “Raum, Luft und Sonne” die zentralen Elemente des Städtebaus und der Architektur (2).

LC’s Architektur gründete sich auf die Anwendung von fünf Elementen:


·         Pilotis, Stützen, die das Gebäude von der Erde ablösen, so dass die Menschen darunter durchgehen können;

·         Der Dachgarten, der die Natur in das Gebäude integriert;

·         Der Grundriss, der dank eines Stahlbetonskeletts frei von einschränkenden Tragmauern ist;

·         Das Fensterband (fenêtre en longueur), das dem Licht freien Zutritt gewährt;

·         Die freie vom Tragsystem unabhängige Fassade.

 
1929 schrieb LC: “Heute empfehle ich ein einziges architektonisches Konzept für alle Länder und Klimazonen”, und setzte damit einen Schlussstrich unter die klimagerechte Architektur. Diese rigorose Absage an die traditionellen Erkenntnisse, hatte einen schweren Projektierungsfehler zur Folge: 

Das für die Pariser Heilsarmee geplante Gebäude von 1928 (Cité de refuge) besass keinen Sonnenschutz, weil LC das Pariser Sommerklima nicht berücksichtigt hatte (3). Die nach Süden liegenden Zimmer überhitzten sich im Sommer zumal die Fenster sich nicht öffnen liessen und eine Klimaanlage fehlte. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Cité de refuge , die in der Nähe des Bahnhofs Austerlitz liegt, schwer durch Bomben beschädigt. Die vollständig zerstörte Fassade wurde nach dem Krieg wieder hergestellt und erhielt dabei den fehlenden Sonnenschutz.

 
Le Corbusiers Cité de refuge in Paris (1928) ohne Sonnenschutz

Auch das Gebäude von 1931 an der rue de Nungesser et Coli, 24, in Paris, war bar jeden schattenspendenden Sonnenschutzes. Die Fensterbänder blickten auf der einen Seite nach Westen, auf der anderen nach Osten. Im siebenten Stock befand sich das Atelier Le Corbusiers, das er „Atelier de la recherche patiente“ (Atelier der geduldigen Forschung) getauft hatte. Diese geduldige Forschung hat offensichtlich Früchte getragen, denn, etwas später schrieb LC: „ In diesem Atelier wurden die Sonnenbrecher (brises soleil) erfunden – aus gutem Grund“.

Während einer Reise nach Südamerika im Jahre 1929 entdeckte LC die Wichtigkeit des Sonnenschutzes in warmen Ländern und begann sich intensiv mit diesem Thema zu beschäftigen. Das Ergebnis seiner Studien zeigen die städtebaulichen Projekte für Algier (1933) und für Nemours (1935) in Algerien (heute Ghazaouet). In diesen südlichen Breitengraden waren die Sonnenbrecher mehr als notwendig und wurden zu einem charakteristischen Element der Architektur Le Corbusiers.

Das Brasilienhaus im Pariser Universitätscampus. Projekt von Le Corbusier und Lucio Costa.  

Auf Einladung des Ministers Capanema, der vom Lucio Costa auf LC aufmerksam gemacht worden war, unternahm LC 1936 eine Reise Rio de Janeiro um an dem Projekt für ein neues Gebäude des nationalen Bildungsministeriums mitzuarbeiten. LC fand das ausgesuchte Grundstück unpassend und wählte ein anderes aus. Eines Tages sagte der Minister zu ihm: “Aber die Orientierung ist nicht sehr zweckmässig“, denn die eine Fassade wies nach Norden, die andere nach Süden. „Das ist nicht schlimm“, war die Antwort LCs, „wir verwenden Sonnenbrecher“. Da Ministeriumsgebäude wurde 1945 gebaut und zwar unter Mitwirkung von Lucio Costa und Oscar Niemeyer.

Die Unités d’habitation

Für LC war die Wohneinheit (Unité d’habitation) ein Mittel zur Lösung aller  Wohnprobleme. 1937 schlug LC für die Weltausstellung in Paris den Bau einer solchen Wohneinheit am Boulevard Kellermann vor. Das Gebäude sollte Wohnungen für 4000 Personen enthalten und mit einer Fassade versehen sein, die allen Wohnungen „Luft, Wärme und Ruhe“ garantiert. Der Grundriss des Gebäudes ähnelte einem Ypsilon (LC nannte die Form „patte de pule“, Hühnerklaue). Nur ein Teil der Wohnungen war nach Süden orientiert, aber jede Wohnung erhielt ausreichend Sonne. Das Projekt wurde nie ausgeführt, denn es war bei einigen Mitgliedern des Gemeinderates auf Ablehnung gestossen und diese waren die mächtiger gewesen als die Befürworter.

Le Corbusier entwickelte verschiedene Varianten seiner Wohneinheiten. Alle Varianten basierten jedoch auf dem visionären Plan LCs von 1922, der als Ville Contemporaine bekannt ist. Diese zeitgenössische Stadt wurde nie gebaut, aber ihre Idee hat einen starken Einfluss auf den europäischen Städtebau und den Bau von Wohnsiedlungen in den USA ausgeübt, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden.
 
 
 
Die Unité d’Habitation am Boulevard Michelet in Marseille (1947)
 
Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, zwischen 1947 und 1952, konnte LC eine Wohneinheit in Marseille (Boulevard Michelet 280) realisieren. Das Gebäude ist 140 Meter lang, 24 Meter breit und 56 Meter hoch. Die Gebäudeachse verläuft in Nord-Südrichtung. Auf diese Weise erhält jede Wohnung zweimal am Tag Sonne, am Vormittag und am Nachmittag. Ausserdem kann jede Wohnung quergelüftet werden. Die Wohnungen erreicht man über ein innenliegende Strasse. Ein Geschoss enthält alle notwendigen öffentlichen und sozialen Grundeinrichtungen (Kindergarten, Gesundheitsdienst, Freizeiträume).
Zwischen 1953-55 entsteht eine weitere Unité d’habitation in Nantes. Auch in diesem Fall erhalten die Wohnungen Licht und Sonne von Osten und von Westen.
Zwischen 1955 und 1960 entwirft LC ein Wohnquartier mit fünf solchen Wohneinheiten in Meaux. Auch hier verläuft die Längsachse der Gebäude in Nord-Südrichtung.
1960 findet in Berlin die Interbau statt, eine internationale Bauausstellung. Le Corbusier ist eingeladen, sich mit einer Wohneinheit an der Ausstellung zu beteiligen. Die Wohneinheit an der Flatowallee 16 hätte eine genaue Kopie der Unité d’habitation von Marseille werden sollen. Leider scheiterte das Vorhaben an der Sturheit der Berliner Bauverwaltung. Die von LC bevorzugte Raumhöhe von 2,26 Meter (ein Modulormass, das einem aufrechtstehenden Menschen mit erhobenem Arm entspricht) entsprach nicht den deutschen Normen, die eine Mindestraumhöhe von 2,50 Metern fordern. Ohne die Zustimmung LCs verordnete die Bauverwaltung den Wohnungen die deutsche Normhöhe, was die die gesamten Proportionen des Gebäudes aus dem Gleichgewicht brachte. Aus diesem Grund hat LC nie die Urheberschaft des Gebäudes anerkannt.  Gleichwohl brüsten sich heute die Berliner mit einem Bau von Le Corbusier. In der Berliner Wohneinheit fehlen zudem viele Gemeinschaftseinrichtungen, die in Marseille vorhanden sind, ausserdem sind die inneren Strassen zu Korridoren ohne natürliche Belichtung verkümmert. Die 530, auf 17 Ebenen verteilte Wohnungen sind jedoch grösser als die in anderen Wohneinheiten
 
 
Chandigarh
 
1951 beauftragte der indische Premierminister Jawaharlal Nehru  Le Corbusier und seinen Vetter Pierre Jeanneret mit der Projektierung der neuen Hauptstadt des Bundesstaates Punjab. Die Stadt sollte in der Mitte einer weiten Ebene am Fuss des Himalaya entstehen.  LC machte sich sofort daran, die klimatischen Gegebenheiten des indischen Subkontinentes zu studieren.
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Während seine Mitarbeiter die Wohnviertel für 500.000 Einwohner projektieren, konkretisiert LC seine städtebaulichen Ideen und entwirft persönlich das Regierungsviertel mit dem Kapitol, den Ministerien (1958), dem Obersten Gerichtshof (1956) und dem Gouverneurspalast.

Bei Beginn der Arbeiten für die neue Hauptstadt des Punjab heftet LC eine Zeichnung an die Wand des Pariser Ateliers in der Rue de Sèvres 35, auf der ein Klimadiagramm zu sehen ist, an welchem sich alle Mitarbeiter über die Winde, die Besonnung, den Schattenwurf und die Temperaturen der Gegend orientieren können.

Zeichnung mit den klimatischen Gegebenheiten in Chandigarh. Die Zeichnung hing in Le Corbusiers Atelier in der  Rue de Sèvres 3 in Paris, damit sich alle Mitarbeiter über die Winde, die Temperaturen und den Schattenwurf informieren konnten.

Die Gebäude des Obersten Gerichtshofes, des Parlaments und des Sekretariats (Ministerien), wie auch das gesamte Raster auf dem die Stadt aufbaut, wurden im Hinblick auf das lokale Klima entworfen und so orientiert, dass die quer zu den vorherrschenden Winden stehen, die im Winter von Nordwesten und im Sommer von Südosten wehen.  Die Büros auf der Sonnenseite werden von den inzwischen berühmten “brise soleils” beschattet (Modulor 2, S. 190). Das Gebäude der Ministerien ist 280 Meter lang und 35 Meter hoch.

 Diese Gebäude von ungewöhnlicher Plastizität sind aus rauem Stahlbeton gebaut und nehmen keine Motive der traditionellen indischen Architektur auf, aber sie erfüllen alle Kriterien des klimagerechten Bauens. Riesige auskragende brise soleil werfen ihre Schatten auf die dahinterliegenden Glasfassaden.

Im Fall des Parlamentsgebäudes hat LC über dem Parlamentssaal einen hyperbolischer Turm vorgesehen, der der natürliche Lüftung dient und der in seiner  Form den Kühltürmen eines Kraftwerkes ähnelt. Auch der Turm über dem Eingang und die Pyramide auf dem Dach des Oberhauses scheinen Symbole eines antiken Sonnenkultes zu sein. LC sagte dazu: „dass dieser Hut ein wahres Physiklaboratorium werden wird, das für das Spiel von Licht und Schatten sorgen soll…. Dieser Pfropfen könnte bei Sonnenfeiern genutzt werden, die den Menschen einmal im Jahr daran erinnern, dass er ein Kind der Sonne ist“ (4). Die gesamte Dachlandschaft erinnert an das von Maharaja Jai Singh II von Jaipur erbaute astronomische Observatorium von Jantar Mantar (um 1724), das LC in New Delhi besucht hatte.

Der Turm der Schatten (1960)

Der Impuls zum Bau dieses Monuments geht auf LCs der Diagramm des “Die 24 Sonnenstunden” zurück. Es handelt sich um eine interessante Studie des Sonnenlaufs in welcher LC verschiedene Arten von Schattenspendern ausprobiert und damit zeigt , dass „man die Besonnung auf allen vier Seiten eines Gebäudes kontrollieren und mit den Sonnenschutzelementen so spielen kann, dass sich auch in heissen Ländern niedrigere Temperaturen erzielen lassen“ (LC: Werke).




 

 
“Turm der Schatten" am Rande einer leeren Ebene

Anmerkungen

(1) Le Corbusier: Les plans de Paris 1956-1922, Les Editions de minuit, (1956), S. 48.

(2) Le Corbusier: Propos d’Urbanisme, Edition Bourrelier, Paris (1946)

(3) Zitiert nach: Behling, Sol Power, München 1996

(4) Jean Louis Cohen, Le Corbusier, Köln (Taschen) 2006, S.79

(5) Le Corbusier, Mein Werk, Stuttgart 1960, S. 175


 
 
 
 

Licht, Luft und Sonne - Die Forschungen von Alexander Klein


Alexander Klein (1) war ein russischer Architekt, der sich intensiv, wenn auch vor allem nur theoretisch, mit dem Problem beschäftigt hat, wie man Wohnungen ausreichend „Licht, Luft und Sonne“ verschaffen kann.

Klein wurde 1879 in Odessa (Russland) geboren und starb 1961 in New York (USA). In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts arbeitete er vor allem in Deutschland. Nach der Machtergreifung Hitlers wanderte er   nach Palästina aus. Sein Interesse galt hauptsächlich einer Architektur, die wir heute „klimagerecht“ bezeichnen, d.h. dem Klima im Innern der Gebäude. Zu diesem Thema schrieb er (2):

„Die Lage der Zimmer in Bezug auf die Himmelsrichtungen und die Lage, Form und Abmessungen der Fenster müssen derart sein, dass die Räume die denkbar günstigste Beleuchtung erhalten, was vom hygienischen Standpunkt für die Behaglichkeit und damit für die günstige Beeinflussung unserer Psyche äußerst wichtig ist... Es ist wünschenswert, nach Möglichkeit die Schlafzimmergruppe nach Osten und die Wohngruppe nach Westen zu legen, um die Morgensonne in den Schlafzimmern und die Nachmittagssonne in den Wohnzimmern zu haben, so dass die Bewohner in der Lage sind, den Sonnenschein am weitgehendsten auszunutzen. Auch ist eine Lage der Schlafzimmer nach Westen wegen des späten Sonnenuntergangs im Sommer ungünstig, da die erwärmten Außenwände ihre Wärme allmählich der Zimmerluft mitteilen, wobei die Temperatur der letzteren zur Nacht steigt, wenn die Schlafenszeit eintritt.“

Alexander Klein, Studien für Kleinstwohnungen
 
Später ergänzt er die Forderungen nach Besonnung und Belichtung um Fragen der Belüftung und Beheizung. Er fordert eine „Größe und Lage der Öffnungen, die eine direkte und ausreichende Belüftung aller Räume gewährleistet“. Ebenso verlangt er, das die „Form und Lage des Baukörpers und auch die Größe und Lage der Öffnungen eine sparsame Beheizung zulässt und keinen Zug und Kälteerscheinungen verursacht (z.B. gegenüberliegende Fenster, Fenster auf nicht besonnter Seite)“.

Klarer kann man die Ziele nicht beschreiben,  welche die moderne Architektur der 20er Jahre geleitet haben.
 
 
Grosssiedlung Bad Dürrenberg, Leuna
 
Anmerkungen
 
(1)Alexander Klein (Odessa, 17. Juni 1879 - New York 15. November 1961) war ein russischer Architekt,  der in Deutschland und Israel gearbeitet hat. 1904 erwarb er sein Diplom in Architektur am Polytechnikum von  Sankt Petersburg und kurz darauf gewann er einen Wettbewerb für das neue Krankenhaus „Peter der Grosse“ (1908-16 mit Lev Il’in und A. V. Rozenberg), für welches er verschiedene Pavillons projektierte. Im Laufe des darauffolgenden Jahrzehnts, entwarf er mehrere Industriebauten, Arbeiterwohnungen und Clubhäuser, hauptsächlich im klassizistischen Stil. In den Jahren 1906, 1910 und 1914 unternahm er mehrere Studienreisen in Italien und Westeuropa. 1917 zog er nach Kislovodsk, einem eleganten luftkurort im Kaukasus, wo er einen Wettbewerb für eine städtebauliche Erweiterung gewonnen hatte.  Wegen der politischen Situation begab er sich 1921 nach Berlin, wo er Gelegenheit hatte mit den Exponenten des Neuen Bauens Kontakt aufzunehmen. Waren seine ersten Projekte vom Klassizismus geprägt gewesen, so übernahm er in Berlin eine mehr wissenschaftliche Art des Projektierens, indem er systematische mathematische Analysen von Wohnungsgrundrissen anstellte. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen veröffentlichte er 1927. Dieser funktionalistische Ansatz fand dann Anwendung bei der Projektierung der Wohnsiedlungen von Wilmersdorf (1927) und von Zehlendorf (1928/9). Sein wichtigster Auftrag in Deutschland war der Entwurf einer Siedlung mit 1000 Wohnungen in Dürrenberg bei Leipzig. 1933, nach der Machtübernahme durch Hitlers, verliess  Klein Deutschland und flüchtete zuerst nach Frankreich, anschliessend dann nach Palästina (1935), wo er eine Professur am Technion in Haifa erhielt und wo er ein Institut für Stadtplanung gründete (1943) um seine in Deutschland begonnenen Forschungen fortzusetzen.  Er war an mehreren Projekten beteiligt, darunter an der Planung einer Wohnsiedlung in Tiberias (1928–47) und in Kiriat Yam, Haifa (1938–50); an der Gartenstadt von Kiriat Bialik (1934); am Stadtplan von Tivon (1940–50) und am Campus der Universität von Haifa (1953). Er projektierte auch ein Haus für das Hansaviertel in Berlin, als Teil der Interbau  von1957, aber das Projekt wurde nie realisiert. Klein arbeitete vorwiegend in Israel bis zu einem Umzug New York im Jahr 1960, ein Jahr vor seinem Tod.
 
(2) Zitiert nach: Philipp Oswalt (herausgegeben in Zusammenarbeit mit Susanne Rexroth): 'Wohltemperierte Architektur', Heidelberg (1994)