Portiken –
Säulengänge - Arkaden
Ein städtebauliches und architektonisches Element von grösster
Nützlichkeit in mediterranen Ländern und nicht nur in alten Zeiten, sondern
auch heute noch, sind überdeckte Säulen- oder Wandelhallen (lat. porticus),in der Regel mit horizontalem
Gebälk. Wenn die Säulen oder Pfeiler Bögen tragen, werden sie als Arkaden
bezeichnet.
Unter das Dach eines Säulenganges kann man sich flüchten, wenn es regnet
und wenn die Sonne heiss vom Himmel brennt, findet man dort erholsamen Schatten. Der Säulengang
ist ein echt mediterranes Bauelement. Bei den Griechen hiess der Wandelgang stoa. Ein Säulengang vor den Häusern schützt
auch die Eingänge und die Fenster sowie die Bemalungen und dekorativen Elemente
des Erdgeschosses. In Rom baute man Säulengänge nach griechischem Vorbild schon
194 und 179 v.u.Z. (1).
Moderne Säulenhalle (Arkade) in Turin
(Foto:
Uwe Wienke)
In vielen römischen Städten, deren die Stadtpläne wir kennen, gab es
Säulengänge. In Augusta Raurica in der heutigen Nordwestschweiz waren die
Häuserblöcke von Säulengängen eingefasst, das heisst, alle Gehsteige waren
überdeckt. Alles deutet darauf hin, dass die Eigentümer der Gebäude
verpflichtet waren vor ihren Häusern auf eigene Kosten einen überdeckten Gehsteig
von zehn Fuss Breite zu bauen und für dessen Unterhalt aufzukommen.
Vitruv empfiehlt Säulengänge in der Nähe von Theatern zu errichten,
damit die Bürger dort spazieren gehen und die Zuschauer sich unterstellen
können, wenn es plötzlich während der Vorstellung zu regnen anfangen sollte. Er
schreibt dazu (2):
„Hinter den Bühnenhäusern müssen Säulenhallen
errichtet werden, damit die Bevölkerung, wenn plötzliche Regenfälle die Spiele
unterbrechen, (einen geschützten Ort) hat, wohin sie sich aus dem Theater zurückziehen
kann, und damit genügend Platz vorhanden ist, um den Bühnenapparat
vorzubereiten“.
Es scheint,
dass dieser Rat oft befolgt wurde. In Rom lag direkt neben dem
Marcellus-Theater die Säulenhalle der Octavia (Portico d’Ottavia) und hinter dem Theater des Pompejus eine nach
diesem benannte Säulenhalle (Portico
Pompeiano)
Säulenhallen sollten
auch der Gesundheit und der Erholung der Bürger dienen, wie Vitruv schreibt (3):
„Die Mittelräume, die zwischen den Säulenhallen unter
freiem Himmel liegen werden, muss man, wie es scheint, mit Grünanlagen
ausschmücken, weil Spaziergänge unter freiem Himmel sehr gesund sind…..“
Wahrscheinlich um den Stadtvätern den Bau von Säulenhallen schmackhaft
zu machen, erwähnt Vitruv noch einen weiteren Vorteil, den diese Bauten der
Allgemeinheit bringen (4):
„Ausserdem
sind gewöhnlich für die Bürger in diesen Bauten Speicher für notwendigen Bedarf
eingerichtet. Im Falle einer Belagerung nämlich sind alle übrigen Vorräte
leichter zu beschaffen als die von Brennholz….. Was aber das Brennholz angeht,
das zum Kochen der Speisen ganz besonders notwendig ist, so ist die Beschaffung
schwierig und beschwerlich, weil es nur mit grossem Zeitaufwand
zusammengebracht und viel davon verbraucht wird. In derartigen Zeiten werden
dann diese Wandelgangspeicher geöffnet und tribusweise werden den einzelnen
Bewohnern ihre Mengen zugeteilt. So erfüllen Wandelgänge unter freiem Himmel
zwei hervorragende Zwecke: einmal dienen sie in Friedenszeiten der Gesundheit,
zum anderen in Kriegszeiten der Sicherheit. Also wird die Anlage von
Wandelgängen, die nach diesen Grundsätzen nicht nur hinter den Theatergebäuden,
sondern auch bei Tempeln aller Götter durchgeführt sind, den Bürgern grosse
Vorteile bringen können“.
In Augusta Raurica, gegenüber vom Theater, lag der
sogenannte „Tempel auf Schönbühl“, und dieser war von Säulenhallen umgeben, so
wie auch das Nebenforum, das gleich anschliessend südlich davon lag. In Augusta
Bagiennorum (heute Benevagienna, Provinz Cuneo, Italien) konnte man vom Theater
rasch die Basilika und die Säulenhallen des Forums erreichen. In Brescia lag
das Theater gleich neben dem Kapitol, wo man sich im Falle eines unverhofften
Regengusses unterstellen konnte.
Portiken an der großen Palästra von Pompeji
(Bild: Wikipedia/Sören Bleikertz)
In Leptis
Magna (im heutigen Libyen) lag hinter dem Proszenium des Theaters eine
Säulenhalle wie sie Vitruv beschrieben hat, also ein von Säulengängen umrahmter
Garten, ein Peristyl zur öffentlichen Benutzung. Unweit vom Theater lag auch
der Markt, der ebenfalls von Säulengängen umgeben war. In Ostia lag unmittelbar
hinter dem Proszenium des Theaters das Forum der Korporationen mit seinem
doppelten Säulengang; ausserdem führte die Hauptstrasse (decumanus maximus) am Theater vorbei, die ebenfalls von überdeckten
Gehsteigen gesäumt war. In Pompeji lag neben dem Theater das sogenannte
Dreiecksforum, ein von einem dorischen Säulengang umgebenes Nebenforum, in
welchen die Theatereingänge mündeten.
Das Theater
von Salona (Hauptort der römischen Provinz Dalmatien) lag neben dem Forum und
einem Tempel, so dass auch in diesem Fall die Möglichkeit bestand, im Falle
eines Platzregens sich ins Trockne zu flüchten oder im Trocknen spazieren zu
gehen. Eine ähnliche Situation finden wir auch in Timgad (Algerien). Doch ist
anzunehmen, dass dort in Nordafrika die Säulengänge in erster Linie aufgesucht
wurden um sich vor der Sonne zu schützen und weniger vor dem Regen.
Anmerkungen
(2) Vitruv, de arch. V 9, 1
(3) Vitruv, de arch. V 9, 5
(4) Vitruv, de arch. V 9, 8-9
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