Das altitalische Haus
Wie
in Mesopotamien und in Ägypten waren die frühen Behausungen der italischen Völker
der Eisenzeit eher Hütten als Häuser in unserem Sinne. Ihre Form kennen wir
dank der vielen Aschenurnen, welche die archäologische Forschung ans Licht
gebracht hat. Und die wir in verschiedenen italienischen Museen bewundern
können. Diese Urnen vermitteln eine ausgezeichnetes Bild von der Art der
Behausungen jener Zeit: Hütten mit ovalem oder rechteckigen, selten
kreisförmigen Grundriss mit einem Eingang auf der schmalen Seite. Die Wände
waren aus mit Lehm beworfenen Weiden- oder Schilfgeflecht, das an Holzpfosten
befestigt war. Das normalerweise zeltförmige Dach war ebenfalls aus Holzstäben
konstruiert und mit Schilf, Stroh oder Laubwerk gedeckt. Es hatte oben zwei
Öffnungen durch welche der Rauch der Feuerstelle abziehen konnte. Diese Hütten
standen normalerweise innerhalb eines eingezäunten Platzes, zusammen mit
anderen Hütten, die als Vorratslager und Ställe dienten. Spuren solcher Hütten
aus dem VIII. Jahrhundert v.u.Z. hat man bei Ausgrabungen an verschiedenen
Stellen auf dem Palatin in Rom gefunden. Die ältesten Wohnungen der Italiker
waren folglich einfachste Behausungen, in denen man nachts schlief und sich vor
Witterungsunbill schützen konnte.
Aschenurne in Form einer Hütte aus Castel Gandolfo - Montecucco, Grab A
, erste Hälfte des IX. Jahrh. v.u.Z., Rom, Vatikanische Museen.
Das römische Haus
Zwischen dem Ende des VII. Und
der Mitte des VI. Jahrhunderts v.u.Z. macht sich in Mittelitalien der Einfluss
der griechischen Kultur bemerkbar. Nicht nur werden kunsthandwerklich
schöngestaltete Gegenstände importiert, sondern es bildet sich
eine eigene kunsthandwerkliche
Tradition heraus, die sich an den Gegenstände aus Griechenland und aus dem
griechischen Süden Italiens (Magna Graecia) inspiriert.
Auch das Bauwesen fängt an,
sich an griechischen Vorbildern zu orientieren. Die Formen der alten,
primitiven Hütten verschwinden und es entsteht eine neue Baukunst auf Fachwerkbasis.
Die profanen Bauwerke und auch die Tempel dieser Zeit haben nun rechteckige
Grundrisse und sind mit ausladenden Satteldächern versehen. Die Häuser haben
nun Stein- oder Lehmziegelmauern und ziegelgedeckte Dächer aus Holzbalken. Manchmal
werden die hölzernen Pfosten- und Riegelkonstruktionen auch mit bemalten
Tonplatten verkleidet.
Eine Vorstellung von dieser Architektur
kann der etruskische Tempel geben: ein grosses rechteckiges Gebäude mit drei
Zellen im Inneren und einer geräumigen offenen, viersäuligen, nach Süden orientierten Vorhalle (pronao) davor, so wie er von Vitruv (1)
beschrieben wird. Einen nachgebauten etruskischen Tempel kann man in Rom, im
Museum der Villa Giulia studieren.
Das architektonische Vorbild des Tempels und des Wohnhauses
ist das griechische megaron mit prostas,
d.h. ein rechteckiger Raum mit einer mehrsäuligen Vorhalle davor. Diese Tempel
öffneten sich gegen Süden (von SO bis SW) und man kann annehmen, dass die
Südausrichtung im Prinzip auch für Wohnhäuser galt.
Von der Architektur jener Zeit kann man sich noch eine
Vorstellung machen, wenn man die Häuser der Toten, die etruskischen Nekropolen
aufsucht. In der etruskischen Nekropole von Norchia, in der Nähe von Viterbo,
sieht man an den Felswänden, die das Tal begrenzen, viele monumentale Gräber,
denen man die Fassade von Häusern gegeben hat, darunter zwei mit dem Giebel
eines Tempels (siehe Abbildung). Aber es dürfte sich nicht um Tempel, sondern
um Häuser mit Vorhalle (prostas)
handeln. Die Giebel der beiden Gräber waren noch besser erhalten als der
englische Reisende George Dennis (1814-1898) Etrurien zwischen 1841 und 1847
besichtigte und Zeichnungen davon anfertigte.
Gräber
mit Giebelfassade in der etruskischen Nekropole von Norchia, bei Viterbo ( Foto: Uwe Wienke)
Die domus – das
Atriumhaus
Die domus, das römische Atriumhaus wird uns immer als das typische Haus der Römer vorgestellt, dabei
war es alles andere als typisch. Es war das Haus der gehobenen Stände, der
Patrizier, der Senatoren, der Ritter und der reichen Kaufleute. Die Mehrheit
der Römer, das Volk, die Handwerker, die Arbeiter, die kleinen Unternehmer und Händler
wohnten in sehr viel bescheideneren Verhältnissen.
Die
domus unterscheidet sich fundamental
von den griechischen Prostas- und Pastas-Häusern, die wir im vorhergehenden
Kapitel vorgestellt haben. Das römische Atriumaus besitzt keinen Hof und ist nicht allseitig gegen aussen
geschlossen. Eine domus ist ein einstöckiges
Haus mit normalerweise rechteckigen Grundriss und einer symmetrischen Anordnung
der einzelnen Räume. Von der Strasse aus betritt man es über einen ein paar
Stufen erhöhten Vorraum (vestibulum)
und einen kurzen Gang (fauces), der
in einen Empfangsraum (atrium) führt, von dem der Haustyp seinen Namen hat.
In diesem Atrium empfängt der Hausherr am Morgen den Besuch seiner Klienten. Es
ist das Besucherzimmer, ein halböffentlicher Teil der Wohnung. Nur gute Freunde
und geladene Gäste haben Zutritt zum privaten Teil des Hauses.
Das
römische Atrium erhält Licht nur von oben, durch eine rechteckige Öffnung im
Dach (compluvium), durch die es auch
hereinregnen darf, denn darunter befindet sich ein in den Fussboden
eingelassenes, rechteckiges Becken (impluvium),
welches das Regenwasser auffängt. Unter diesem Becken befand sich oft auch eine
Zisterne, in der man das Regenwasser aufbewahrte um es zum Beispiel zum Waschen
der Böden und des Geschirrs oder zum Giessen der Gartenpflanzen zu benutzen.
Domus romana – Atriumhaus
Legende: 1 fauces = Eingang, 2 tabernae = Werkstatt, Laden, 3 atrium = Empfangsraum, 4 impluvium = Regenwasserbecken, 5 tablinum = Studierzimmer, 6 hortus = Garten, 7 triclinium = Speisezimmer, 8 alae = Nebenräume, 9 cubiculum = Schlafzimmer
Zu beiden Seiten des Atriums
befinden sich kleine Schlafzimmer (cubicula)
und zwei Seitenräume (alae). Gleich
hinter dem Atriums lag das Studierzimmer (tablinium)
des Hausherrn, oft flankiert von Speisezimmern (triclini), die so genannt wurden, weil in ihnen drei, in Form eines
U angeordnete Betten standen, denn beim Essen lag man, wenn man Gäste hatte.
Hinter dem Studierzimmer, also hinter dem Haus konnte ein kleiner Garten
liegen. Im Gegensatz zum griechischen Haus kennt das römische keine Trennung in
einen Frauen- und einen Männerbereich.
Rechts und links vom
Hauseingang lagen Werkstätten oder Läden (tabernae),
die sich nach der Strasse öffneten und meistens an Dritte vermietet waren. Die Räume
einer domus erhielten Licht über das
Atrium und vom Garten hinter dem Haus. Das bedeutet, dass es im Haus, mit
Ausnahme des Atriums und des Studierzimmers, relativ dunkel war.
Es
scheint, dass das Atrium ursprünglich ein von Loggien umgebener Hof war, eine
Art Klosterhof von dem aus man die einzelnen Räume des Hauses betrat. Festus
(2) nennt das Atrium einen Platz „ante aedem“, also vor dem Gebäude, und das
lässt daran denken, dass das Atrium nicht ein Teil des Hauses war, sondern ein
eingefriedeter Platz vor dem Haus, wo man fremde Besucher empfing ohne dass
diese das Haus betreten mussten. Sollte das stimmen, dann war das
Studierzimmer, das tablinium,
ursprünglich der eigentliche Hauptraum des Hauses zu dem nur Freunde und
Verwandte Zutritt hatten.
Neben dieser gibt es noch eine
andere Etymologie des Wortes „atrium“.
Das lateinische Adjektiv „ater“ bedeutet „schwarz, dunkel, verräuchert“ und lässt
an ein Haus mit einem einzigen Raum denken, in dem die Feuerstelle war. Ein
Raum der vom Rauch geschwärzt war und in dessen Decke sich ein Loch als
Rauchabzug befand. „ibi etiam culina erat, unde et atrium dictum est“, sagt Servius,
„atrium enim erat ex fumo“. Ein solches Haus ähnelt eher einer der frühen
Hütten, wie wir sie in Form von Aschenurnen kennen.
In Bezug aufs Atrium spricht
Vitruv (3) auch von „cava aedium“ und
unterscheidet fünf Typen: das toskanische, das korinthische und viersäulige, displuviatum und testitudinatum. Beim toskanischen (etruskischen) Atrium
liegen die Sparren des Compluviums auf vier horizontalen, sich kreuzenden
Pfetten, die in die Umfassungsmauern eingelassen sind. Die Konstruktion kommt
ohne Pfeiler und Stützen aus. Beim korinthischem und viersäuligen Atrium wird
die Dachkonstruktion des Compluviums von vier Säulen getragen. „Displuviatum“ ist das Atrium, wenn das
Regenwasser nicht in die Mitte des Atriums geleitet wird, sondern nach aussen
gegen die Umfassungsmauern abläuft. „Testudinatum”, (geschützt durch einen Deckel (testu) ist ein Atrium, das kein Compluvium,
sondern ein Pavillon- oder Walmdach hat, also vollkommen gedeckt ist.
Ein
Atriumdach des Typs “displuviatum”,
d.h. ein Pavillondach, das in der Mitte eine rechteckige Öffnung hat, kennt man
aus dem Grab der Mercareccia (4) in Tarquinia und von einer Urne in Form eines
Hauses aus Chiusi (5). Beide stammen aus dem IV. Jahrhundert v.u.Z.
Der
Begriff “cavaedium tuscanium”
bezieht sich auf eine ziemlich archaische Form des Atriums, die wahrscheinlich
ursprünglich etruskisch ist. Plinius der Jüngere berichtet, dass es in seiner
Villa in der Nähe von Ostia (6) ein einfaches aber elegantes Atrium gab (atrium
frugi nec tamen sordidum), während das Atrium in seiner anderen Villa in Tifernum
Tiberinum (Città di Castello) von der Art des alten Typs (atrium ex more
veterum) war (7).
Das Atrium war ein sehr hoher Raum; seine Höhe betrug
zwischen fünf und sechs Meter. Wegen dieser Höhe war es unmöglich, dass die
Sonnenstrahlen den Fussboden erreichten.
Das Atriumhaus, die domus, das wir bis jetzt beschrieben
haben, war die Wohnung des begüterten Standes. Je nach Grundstücksgrösse,
konnte diesem Haus entweder ein kleiner Garten, oder ein grosses Peristyl, d.h.
ein grösserer, von Säulengängen eingefasster Garten, angegliedert sein. Auf
jeden Fall lebte der grösste Teil der Bevölkerung in wesentlich bescheideneren,
wenn nicht in ärmlichen Verhältnissen. Man sollte auch nicht vergessen, dass in
den grossen Häusern und Villen der Reichen auch die Sklaven lebten, die ein
integraler Bestandteil der Familie waren. Diese Bediensteten hatten keine
eigenen Schlafräume, sondern schliefen auf Matten und Matratzen, die in der
Küche oder in irgendwelchen freien Ecken aufgerollt wurden. Nach unseren
heutigen Begriffen waren diese Häuser überfüllt. In manchen Fällen schliefen
die Bediensteten auch in eigenen, separaten Mietwohnungen.
Das Atriumhaus mit Peristyl
Im II. Jahrhundert v.u.Z.
entsprach das traditionelle Atriumhaus nicht mehr dem Geschmack der reichen
Römer, die sich immer mehr den hellenistischen Moden zuwandten. Man baute sich grössere
und bequemere Häuser, Häuser mit einem grossen, eleganten, von gedeckten Säulengängen
eingefassten Garten. Hinter diesen Säulengängen lagen weitere Räume: weitere
Esszimmer, für jede Jahreszeit eines, die Küche, das Bad und anderes. Der
Garten wurde auf diese Weise zum Peristyl (peristylum). Unter dem Dach des Peristyls war man geschützt vor
Wind und Regen und im Sommer auch vor der Sonne. Zwischen die Säulen konnte man
schattenspendende Tücher hängen und wenn diese Vorhänge zurückgezogen waren,
konnten die Strahlen der Abendsonne tief in die Esszimmer dringen.
Schnitt durch ein Atriumhaus mit Peristyl
Einige besonders reiche Häuser
besassen sogar zwei Peristyl-Gärten, aber anstatt das Haus horizontal zu
erweitern konnte man es auch aufstocken und Zimmer im Obergeschoss schaffen. Diese
Zimmer konnten dann auch verglaste Fenster haben, und waren deshalb besser
belichtet als die Erdgeschossräume.
Atriumhaus mit Peristyl
1 Fauces. 2 Atrium. 5 Peristyl. 6 Exedra. a Impluvium., b
Alae. c cubicula. d Tablinium. e Cubicula. f Wasserbecken. g Triklinien. h, k Vorratskammern.
j Durchgang (Quelle:Brödner, E.: Wohnen in der Antike)
Häuser dieser Grösse und
Ausstattung hatten natürlich nur die Familien der höheren Stände, die
Millionäre der damaligen Zeit. Um solche Häuser zu realisieren musste man auch über
entsprechend grosse Grundstücke verfügen, oder mehrere benachbarte Grundstücke kaufen
und sie zusammenlegen. Beispiele dafür gibt es in Pompeji. Aber auch in Rom gab es Villen
dieser Art. Die Statistiken der Regionenverzeichnisse des IV. Jahrhunderts u.Z.
weisen für Rom 1797 domus
verschiedener Grösse aus.
Die
Räume der römischen Häuser waren nicht heizbar. Es gab weder Kamine noch Öfen.
Um sich zu wärmen gab es Kohlebecken. Die einzigen warmen Räume waren die
Küche, in der stündig ein Feuer brannte, und das meist neben der Küche liegende
Bad. Die ersten privaten Bäder erscheinen in Kampanien, meistens in Form eines
fensterlosen Raumes, der von unten beheizt (hypocaustum)
wurde und mehr ein Schwitzbad war. Dieses System der Fussbodenheizung findet
man dann später in den grossen öffentlichen Bädern (thermae). Breite Verbreitung fand es in den römischen Provinzen
Galliens, Germaniens und Britanniens, in Ländern, in denen man ohne Heizung im
Winter nicht auskam.
Ausrichtung der Räume eines herrschaftlichen Hauses
Vitruv beschreibt die
zweckmässigste Orientierung der einzelnen Räume einer städtischen Villa. Diese
sollte drei Esszimmer (triclini) haben, eines für jede Jahreszeit: eines für den
Winter, ein zweites für den Sommer uns ein drittes für den Frühling und den
Herbst. Diesbezüglich schreibt er (8):
„Winterspeisezimmer und Bäder sollten gegen Süd-Süd-West gerichtet sein,
weil man so das Abendlicht ausnützt und auch weil die Abendsonne Wärme
ausstrahlt und diese Räume erwärmt. Schlafzimmer und Bibliotheken müssen gegen
Osten gerichtet sein, denn ihre Benutzung erfordert die Morgensonne, und
ausserdem modern in den Bibliotheken die Bücher nicht. In Räumen nämlich, die
nach Süden und Westen ausgerichtet sind, werden die Bücher von Bücherwurm und
Feuchtigkeit beschädigt, denn die von dort kommenden feuchten Winde bringen
Bücherwürmer hervor, begünstigen deren Fortpflanzung und rufen durch ihre Feuchtigkeit
Schimmel hervor, der die Bücher verdirbt.
Die Frühlings- und Herbstspeisezimmer müssen nach Osten sehen. Denn, dem
Licht ausgesetzt, werden sie von der aufgehenden, nach Westen
fortschreitenden Sonne, erwärmt, so dass
sie zu der Zeit, zu der man sie gewöhnlich benutzt, mässig warm sind.
Sommerspeisezimmer sind nach Norden auszurichten, weil diese Ausrichtung nicht
wie die übrigen zur Zeit der Sonnenwende nicht glühend heiss wird; denn, der
Sonne abgewandt, ist sie immer kühl und garantiert während Benutzung Gesundheit
und Annehmlichkeit. Nach Norden sind auch die Pinakotheken, die Werkstätten der
Brokatweber und die Ateliers der Maler auszurichten, damit die Farben dank des
immer gleichmässigen Lichtes ihre Qualität nicht verlieren“.
Um die Ausrichtung der
Speisezimmer zu verstehen, muss man wissen, dass die Römer ihre Hauptmahlzeit,
die cena, am späten Nachmittag
einnahmen, nachdem sie vorher die Thermen besucht hatten. Die anderen zwei
Mahlzeiten, das Frühstück (jentaculum) und das Mittagessen (prandium) waren einfache Imbisse, die meistens
in Eile eingenommen wurden.
Nach Vitruvs Angaben
sollen die Winterspeisezimmer und Bäder (balnearia)
gegen Südwesten orientiert sein, so dass sie Sonne am Nachmittag erhalten, wenn
das Gestirn tief steht und seine Strahlen tief in die Räume dringen. Die so
orientierten Räume erhalten Sonne bis zum Abend, im Gegensatz zu den streng
nach Süden ausgerichteten. Vitruv empfiehlt diese Ausrichtung für alle Räume,
die man besonders warm wünscht.
Folgt man Vitruv, sollten sich die Frühlings-
und Herbstspeisezimmer nach Osten öffnen, damit die Sonne sie schon erwärmt
hat, wenn sie benutzt werden. Die Sommerspeisezimmer sollten nach Nord
orientiert sein, so dass sie nur indirektes Licht erhalten und deshalb kühl
bleiben. Diese Ausrichtung empfiehlt Vitruv auch für Pinakotheken und
Werkstätten von Webern und Malern, die kein direktes Sonnenlicht erhalten
sollten, weil dieses die Farben bleicht und verfälscht (7).
In zweigeschossigen Häusern,
gab es oft auch ein Speisezimmer (cenaculum) im ersten Stock, was den Vorteil hatte, dass sie dort
durch grosse Fenster belichtet werden konnten.
Die Schlafzimmer (cubicula) sollten nach Vitruv gegen Osten ausgerichtet sein, weil
dadurch die Morgensonne hereinscheinen kann. Auch heute sagt man noch den
Architekturstudenten, dass dies die optimale Orientierung von Schlafzimmern
sei, und zwar aus demselben Grund.
Die gleiche Ausrichtung empfiehlt Vitruv auch
für die Bibliotheken und rät von deren Orientierung gegen Süden und Westen ab.
Der Grund dazu ist darin zu suchen, dass das damalige Schreibmaterial (Papyrus,
Leinen) sehr empfindlich gegen Feuchtigkeit und leicht vergänglich war. Bücher
mussten deshalb möglichst trocken
aufbewahrt, aber auch vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden. Obwohl
unsere heutigen Bücher viel resistenter sind, als die in römischer Zeit, bewahren
wir sie an möglichst trockenen aber nicht zu trockenen Orten auf.
Eine etwas andere Ausrichtungen der Zimmer
empfiehlt Collumella (9), der bezüglich des Herrenhauses einer Villa rustica sagt:
"Das Herrenhaus wird unterteilt in einen Wintertrakt
und einen Sommerstrakt; jedoch in der Art, dass die Schlafzimmer nach Südosten
schauen und die Esszimmer nach Westen. Desgleichen sollten die Zimmer, in denen
man im Sommer schläft, nach Süden ausgerichtet sein und die Esszimmer, in denen
man in der gleichen Jahreszeit speist, nach Südosten. Die Bäder gegen Nordwest".
Verbreitung des Atriumhauses
Mit der zunehmenden Erweiterung des Römischen Reiches
verbreitete sich das in Kampanien entstandene, römische Haus mit Atrium und Peristyl, nicht
zuletzt dank der Erfindung verglaster Fenster, auch in Gegenden mit einem vom
mediterranen sehr verschiedenen Klima, zum Beispiel in Gallien und in
Germanien, Gegenden, in denen die Stein- und Ziegelbauweise unbekannt war. Die
aus Steinen und Ziegelsteinen gebauten Häuser stellten keine Probleme solange
sie auf den relativ trockenem Baugrund errichtet wurden, aber auf den feuchten
Böden Galliens und Germaniens wurden sie regelrechte Quellen von Rheumatismus
und Arthritis, denn die Erdgeschosse waren ständig durchfeuchtet. Trotzdem
wurde es Mode nach römischen Geschmack zu bauen und in der Steinbauweise einen
technischen Fortschritt zu sehen. Zum Glück gab es in Gallien und Germanien viele warme
Quellen, um welche Thermalbäder entstanden, in denen man sein Rheuma behandeln
konnte.
In den nördlichen Teilen des
Römischen Reiches war es nicht nur notwendig die Fenster zu verglasen, sondern
auch die Häuser zu heizen. Die römische Fussbodenheizung, die Hypocaustheizung,
erfunden in Kampanien für den Gebrauch in Bädern, fand breite Anwendung in den
Steinvillen der römischen Beamten und des gallischen Adels. Sie wärmte nicht
nur die Räume, sondern isolierte auch die begehbare Bodenplatte vom gewachsenen
Erdreich und hielt sie trocken.
Nicht alle Germanen waren
offenbar von den römischen Errungenschaften begeistert. Bezeichnend ist, dass
die Alemannen, die im III. und IV. Jahrhundert u.Z. die Gegend am Oberrhein
besetzten, sich keineswegs für die römischen Villae rusticae begeistern konnten. Die archäologischen Forschungen
in der Nordwestschweiz haben gezeigt, dass die Alemannen diese von ihren
Besitzern verlassenen Gebäude nicht genutzt haben, sondern ihre traditionellen
Holzhäuser unweit von diesen errichteten (10). Diese Holzbauten waren im kalten
Klima Germaniens sicher wärmer und trockner als die römischen Steinbauten.
Anmerkungen
(2) Varro, res rusticae. I, 44, 1
(3) Vitruv, de arch. VI, 3, 3
(4) Heurgon, J., Die Etrusker, Reclam, Stuttgart, 1971, S. 218, Abb. 33
(5) Heurgon, J., op. cit., S. 219, Abb. 34
(6) Plin. d.J., Epist. II, 17, 4
(7) Plin. d.J., Epist. V, 6, 15
(8) Vitruv, de arch. VI, 4, 1-2
(9) Columella, de re rustica, lib. I, cap. VI
(10) Degen, R.M.: Römische Villen und Einzelsiedlungen der Schweiz; Diss. Uni Basel 1957
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