Um Beispiele von klimagerechtem Bauen in kalten
Gegenden zu finden, muss man nicht weit gehen. In Mittel- und Nordeuropa gibt
es genügend Beispiele. Ein sichtbares Merkmal ist die breite Verwendung von
Holz. Das liegt aber auch am Waldreichtum dieser Region. Holz war das billigste
und geeignetste Baumaterial, leicht zu bearbeiten und, fachgerecht verbaut, sogar
langlebig.
Im nördlichen
Europa muss man sich vor allem gegen Wind und Kälte schützen. Anders als im
Süden Europas, kann man sich auf wärmende Herbst- und Wintersonne nicht
verlassen. Winddichtheit und gute Wärmedämmung sind wichtiger als Sonne. Holz
ist in dieser Hinsicht ein sehr geeigneter Baustoff. Gegen den Wind schützte
man sich ursprünglich in dem man die Häuser niedrig baute und mit großen,
stroh- oder riedgedeckten Dächern versah. In besonders windigen Gegenden warf
man auf der Windseite auch Erdwälle auf und deckte das Dach mit Grassoden.
Auch heute
lässt sich noch beobachten, dass in den nördlichen Ländern Europas mehr Wert
auf eine gute Wärmedämmung gelegt wird als im Süden. Nicht, dass die
Nordeuropäer energie- und umweltbewusster wären als andere, sondern es ist das
Ergebnis einer jahrhundertealten Erfahrung, dass Wärmedämmung mehr nützt als
das Hinterherjagen nach dem letzten Sonnenstrahl.
In Gebieten mit
einem reichen Bestand an Nadelholzwäldern, entwickelte sich die sogenannte Blockbauweise
bei der die Wände aus langstieligen, horizontal geschichteten Baumstämmen
bestehen. Diese Wände tragen auch das Dach, das ebenfalls aus Baumstämmen
konstruiert ist und mit Stroh oder Ried gedeckt ist. Die Blockbauweise kannte
man schon vorgeschichtlicher Zeit. Die Grösse
der Häuser war durch die Länge der verfügbaren Baumstämme begrenzt und betrug
maximal 25 Quadratmeter (5x5 Meter). Die
kleinen Häuser waren entweder teilweise in den Boden eingesenkt (sogenannte
Grubenhäuser) oder ebenerdig, hatten aber im Innern eine Feuerstelle und im
Giebel Öffnungen als Rauchabzug.
Slawisches Grubenhaus 6.-7.
Jahrhundert – Grabungsbefund und Rekonstruktion
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In anderen Gebieten Europas mit überwiegendem
Laubholzvorkommen entstand die Skelett- oder
Ständerbauweise, bei der vertikale Pfosten die Dachlast aufnehmen. Die Stabilität
wird durch aussteifende Diagonalverstrebungen erreicht und durch Zangen, die
die Dachsparren zusammenbinden. Die
Wände sind reine Füllungen und können aus Flechtwerk mit Lehmbewurf,
Sodenpackungen, Vertikal- oder Horizontalbohlen, aber auch aus Bruchstein oderZiegeln
bestehen. Auch diese Bauweise ist schon vorgeschichtlich bezeugt. Ursprünglich waren die Pfosten in die Erde
eingegraben und verfaulten deshalb schnell. Später wurden sie auf Holzschwellen
gestellt, die ihrerseits auf Steinmäuerchen auflagen, sodass die Hölzer besser
vor Feuchtigkeit geschützt waren. Holzbau ist Trockenbau. Man braucht keinen
Mörtel, der Feuchtigkeit ins Haus bringt. Wichtig ist es, jegliche Feuchtigkeit
vom Haus fernzuhalten.
Rekonstruktion eines Wohnstallhauses
mit Firstpfosten (7.8.Jahrhundert)
Die
Grösse der in Ständerbauweise errichteten Häuser ist nicht so stark von der
Länge der Baumstämme abhängig wie beim Blockbau. Die Häuser können länger werden.
Es entsteht auf rechteckigem Grundriss das sogenannte Langhaus, in welchem Wohnung,
Speicher und Stallungen unter einem Dach vereint sind. Es ist der Vorgänger des
germanischen Bauernhauses.
Als Beispiele
für traditionelles Bauen in kaltem Klima können die Langhäuser dienen, welche die
Wikinger in Dänemark, Norwegen und
Island gebaut haben. Wir kennen sie hauptsächlich aus Ausgrabungen. An mehreren
Ausgrabungsstätten wurden sie auch rekonstruiert um den Besuchern einen
Eindruck von dieser Bauweise zu vermitteln.
Die Ausmasse der Wikingerhäuser waren dem
wirtschaftlichen und sozialen Status ihrer Erbauer entsprechend sehr
unterschiedlich. Das grösste in Norwegen gefundene Langhaus war 9 x 83 Meter
gross, einfache Bauernhäuser waren dagegen nur 4 bis 5 Meter breit und 10 bis 12
Meter lang.
Rekonstruiertes
Wikingerhaus in Fyrkat
Die Häuser von Fyrkat,
einer kreisförmigen Wikingerburg in Nordjütland, hatten gebogene
Längsseiten. Sie waren 28,5 m lang und 8,5 m breit mit geringerer Breite an den
Enden. Zum Bau eines dieser Häuser benötigte man etwa 66 große Eichen. Innen
hatten die Häuser eine 18 Meter lange Mittelhalle und zwei kleinere
Giebelräume. Die Wände bestanden aus senkrecht stehenden, gekrümmten Eichenbalken;
schräg an der Außenwand stehende Balken sollten vermutlich die Dachlast
abfangen. Die Häuser hatten Türen an der Giebelfront und an den Längsseiten, aber
keine Fenster. Die Dächer waren mit Eichenholzschindeln gedeckt. Die Grösse der
Gebäude und die Verteilung der Feuerstellen deuten darauf hin, dass nicht alle
Gebäude bewohnt waren.
Wikinger Bauernhäuser in Bukkøy, Karmøy, Norwegen
Vor den Holzwänden mancher Wikingerhäuser waren als Windschutz zusätzlich Steinmauern aufgeschichtet wie zum Beispiel bei den Bauernhäusern in Bukkøy, Karmøy, Norwegen. Anstelle von Steinmauern wurden auch Grassoden aufgeschichtet wie zum Beispiel beim rekonstruierten Wikingerhaus in Borg auf den Lofoten, einer Inselgruppe vor der Küste Norwegens.
Wiederaufgebautes
Wikingerhaus in Borg (Lofoten).
Heute Wikingermuseum
Auf der gleichen Breite wie Norwegen befindet sich Island, das, den Erzählungen zufolge , im Jahre 870 von dem schwedischen Wikinger Gardar Svavarsson entdeckt wurde, der dort auch überwinterte. Die Archäologen haben jedoch noch viel ältere Wikingersiedlungen entdeckt. Auf der Westmännerinsel haben si die Fundamente eines typischen norwegischen Langhauses aus dem 7. Jahrhundert ausgegraben.
Das isländische Klima wird vom Golfstrom bestimmt und ist
deshalb weniger hart als das anderer Länder, die auf der gleichen Breite
liegen. Die Winter sind relativ mild, die Sommer sind jedoch recht kühl. Die
Tagestemperaturen bewegen sich zwischen 0 und 3°C im Winter und zwischen 12 und
215°C im Sommer.
Island ist
bekannt für seine traditionellen Häuser, die vollständig von Erde bedeckt zu
sein scheinen. Nur die den kalten Wind abgewandte Giebelseite mit dem
Hauseingang ist frei. Diese Häuser sind aus Stein, Torf und Grassoden gebaut; selbst
die Dächer sind mit Grassoden gedeckt, denn in Island gab und gibt es wenig
Holz. Deshalb verwendete man zum Bau oft das Holz alter Schiffe oder eigens aus
Norwegen importiertes Holz.
Eiríksstadir, Rekonstruktion eines Langhauses (skáli) aus dem 10. Jahrhundert.
Haukadalur, Westisland, (Foto: Guðmundur Ingólfsson)
Bei Haukadalur im Nordwesten der Insel stand um das Jahr 1000 das Haus Eriks des Roten, dem Entdecker Grönlands, der wegen verschiedener Morde aus Norwegen verbannt war. Seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts hat man an dem Ort Ausgrabungen durchgeführt und dabei die Fundamente eines Langhauses aus dem 10. Jahrhundert freigelegt. Daneben hat man ein solches Langhaus rekonstruiert, welches jetzt ein archäologisches Museum beherbergt.
Inneres des rekonstruierten Langhauses
von Eiríksstadir, Haukadalur, Island
Die Tagestemperaturen bewegen sich zwischen 0 und 3°C im Winter und zwischen 12 und 215°C im Sommer.
RispondiEliminaIch nehme an 15°C anstelle 215°C ?
VG