Das traditionelle arabische
Haus stammt direkt von dem im Laufe des 4. Jahrtausends v.u.Z. in Mesopotamien
entwickelten Haustyp ab. Leider wird es immer schwieriger ein original arabisches
Haus zu sehen. Als in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts John Warren und
Ihsan Fethi ihr Buch Traditional Houses in Baghdad (1) veröffentlichten, war in dieser Stadt sehr wenig von der traditionellen
Architektur übriggeblieben und dieser Rest war in äusserst schlechtem Zustand.
Dieser schlechte Zustand
ist einerseits der arabischen Gewohnheit zuzuschreiben, alte Häuser einfach verfallen
zu lassen und, wenn sie nicht mehr bewohnbar sind, durch neue zu ersetzen. Regelmässiger
Unterhalt ist weitgehend unbekannt. Man folgt dem alten arabischen Sprichwort:
„Benutze es bis es zusammenfällt und baue dir dann ein neues“. Der zweite Grund
ist folgender: traditionelle Häuser gelten als obsolet und jeder möchte ein
„modernes“ Haus haben, das heisst eins aus Beton und Hohlblöcken.
Wenig dauerhaft sind und waren vor allem die
traditionellen Lehmziegelhäuser auf dem Land, die sogenannten Tarma-Häuser,
weil ihr zurückspringender, überdeckter Eingang (tarma)
Pfeiler oder Säulen hatte. Diese einfachen Häuser besitzen nur wenige, ärmliche
Zimmer, deren bestes der liwan (o iwan) ist,
der direkt hinter dem Eingang liegt. Diese ländlichen Häuser befinden
sich normalerweise in der Mitte eines ummauerten Grundstücks und sind streng in
zwei Teile geteilt: einen für die Männer (diwankhane) und einen für die
Frauen (haram).
Ansicht
eines Tarma-Hauses
Sehr verschieden von diesen einfachen Tarma-Häusern, sind
die Häuser in der Stadt. Diese ähneln weitgehend dem altmesopotamischen Vorbild
aus sumerischer Zeit. Die einzelnen Zimmer gruppieren sich um einen teilweise
überdeckten und mit einem Brunnen
ausgestatteten Innenhof. Sehr schöne Beispiele solcher Häuser kann man noch
heute in Andalusien und in Marokko sehen.
Shenashil
Die traditionelle Klimatisierung mit badgir und sirdab.
Mit dem Niedergang
der traditionellen arabischen Hausarchitektur verschwinden auch die speziellen klimatechnischen
Einrichtungen dieser Bauweise, insbesondere die Ausnutzung des Nordostwindes
zur Raumkühlung während der Nacht. Dieser Wind weht praktisch den ganzen Sommer
hindurch und kann deshalb zur natürlichen Kühlung der Gebäude genutzt werden.
Die bauliche
Vorkehrung, welche den Wind zur nächtlichen Kühlung ausnutzt heisst badghir-sirdab und war eine
billige und ökologische Art um in den Häusern ein erträgliches Klima zu
schaffen, ein nicht ganz leichtes Unterfangen in einer Gegend in der die
Temperaturen im Sommer über 50°C steigen können.
Der badghir (engl.
wind-catcher) ist ein turmartiges Bauelement,
das den kühlen Nachtwind einfängt und ihn in eine unterirdische Kammer leitet von
der aus die kühle Luft in die Wohnräume gelangt. Es gibt auch noch ein anderes
System, das den Wind nicht in eine unterirdische Kammer presst, sondern die
warme Luft aus den Wohnräumen herauszieht, so dass die kühle Luft aus dem
Untergeschoss nachströmen kann. Auf diese Art der nächtlichen Kühlung werden
wir im nächsten Abschnitt noch ausführlicher eingehen.
Die untenstehende
Abbildung zeigt die erstaunlichen Temperaturunterschiede (von 30°C bis 50°C),
die sich in einem traditionellen irakischen Haus mit dem einfachen Mittel der
Nachtlüftung erzielen lassen. Ein Temperaturunterschied von als 20°C wird im
heissen Klima des Irak als angenehm empfunden. Ein grösserer Unterschied gilt
als der Gesundheit abträglich. In einem traditionellen Haus hält man sich am Tag in anderen Räumen auf als in der Nacht,
sowohl im Sommer als auch im Winter. Im Winter benutzt man hauptsächlich geschlossene
Räume, im Sommer die schattigen, nach Norden zu geöffneten, das Untergeschoss
und das Dach, auf dem man schläft und die kühle Nachtluft geniesst.
Temperaturdifferenzen
zwischen einzelnen Geschossen eines traditionellen irakischen Hauses.
Im Irak regnet es
selten, wenn es jedoch einmal regnet, meistens sehr heftig und wolkenbruchartig,
weswegen man entsprechende bauliche Vorkehrungen treffen muss. Die wichtigste
ist, das Wasser von den aus Lehmziegeln gebauten Häusern so abzuleiten, damit
sich in den bodennahen Mauern keine dauerfeuchten Stellen bilden können.
In den öffentlichen
Räumen, zum Beispiel auf den Märkten (suq), versucht man so weit wie möglich
die direkte Sonne durch Segel und Tücher auszuschliessen.
Anmerkungen
(1) Warren, John & Ihsan Fethi: Traditional Houses
in Baghdad, Coach Publishing House L., Horsham, England. 1982
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