Die
alten Griechen nannten dieses Land “Mesopotamien” (Zweistromland), weil es von
den zwei Strömen Euphrat und Tigris durchflossen wird. Mesopotamien erstreckt
sich vom Taurus-Gebirge im Norden, wo die zwei Ströme ihre Quellen haben, bis
zum Persischen Golf im Süden. Im Osten
wird das Land vom Zagros-Gebirge begrenzt, welches es vom Iran trennt,
und im Westen von der syrisch-arabischen Wüste. Der grösste Teil des alten
Mesopotamiens gehört heute zum Irak und ist Teil des sogenannten „fruchtbaren
Halbmonds“, (Fertile Crescent)der
sich bogenförmig zwischen Palästina und dem Persischen Golf erstreckt.
Das Klima Mesopotamiens ist vorwiegend warm und
trocken; die Winter sind mild und die Sommer sehr heiss; selten ist der Himmel
von Wolken bedeckt. Im ganzen Land, mit Ausnahme der gebirgigen Teile im
Norden, regnet es im Sommer fast nie und die Temperaturen liegen meistens etwa
bei 34-35°C, wenn aber Hochdruck herrscht, können die Temperaturen auch 47°C
und mehr erreichen. Im Süden variieren die Temperaturen zwischen 50°C im Sommer
und 0°C im Januar. Etwas feuchter ist der Shatt el-Arab, die Gegend, die an den
Persischen Golf grenzt.
Landwirtschaft ist nur mithilfe künstlicher
Bewässerung möglich, ohne welche, die Vegetation, die kurz nach den
winterlichen Regenfällen zu spriessen begonnen hat, verdorren würde. Sie ist
immer im Kampf mit den Sand- und Staubstürmen, die aus der nahen Wüste
hervorbrechen. Wenn dagegen die lehmhaltige Erde gut bewässert ist, wird sie
fruchtbar und man kann Gerste, Weizen und Hirse anbauen, die schon im Mai
reifen. Angebaut werden auch der ölhaltige Sesam, verschiedene Gemüsearten, Reben
und Dattelpalmen. Was völlig fehlt sind Wälder.
Der
deutsche Orientalist Hartmut Schmökel (1) beschreibt die Region Mesopotamien
mit folgenden Worten:
“Leuchtend blauer Himmel und bis an den Horizont eine gelb-braune Wüste,
die sich nur im Frühling auf kurze Zeit mit Grün und bunten Blumen bedeckt;
selten einige Palmen oder ein schwarzes Beduinenzelt; rieselnder Sand,
Trockenbäche, die trägfliessenden Flüsse, Sümpfe mit Scharen von Störchen und
Pelikanen, Staubsturm, sengende Hitze, Wassermangel, Fieber – und im Winter
eisige Nordwinde und kalte Nächte, jähe Überschwemmung und Springflut: Das ist
in weiten Strecken der Iraq Arabi, der südliche Teil des Zweistromlandes heute”.
Und genau in diesem Land
zwischen den beiden Strömen entsteht eine Reihe der ersten Hochkulturen der
Menschheit, zuerst die Kultur der Sumer, dann die der Assyrer und später die der
Babylonier. Die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung dieser Region ist
eng an das Vorhandensein der beiden Flüsse Euphrat und Tigris gebunden. In
Frühling, wenn der Schnee in den nördlichen Bergen zu schmelzen anfing,
überschwemmten die Wasser der beiden Flüsse weite Teile des Landes und machten
sie fruchtbar.
Es
galt jedoch auch die wilden Wasser zu bändigen. Staudämme wurden gebaut und
Kanäle angelegt. Das erlaubte eine geordnete Landwirtschaft und auch ein
geordnetes Verkehrswesen, denn die Kanäle waren nicht nur für die Bewässerung
des Landes wichtig, sondern sie waren auch Wasserstrassen und bildeten ein enges
Kommunikationsnetz. Nicht selten waren sie auch die Grenze zwischen den
einzelnen Städten. Das nicht künstlich bewässerte Land diente ausschliesslich
als Weideland.
Zwischen 6000 und 4000 v.u.Z. begannen ein paar Völker sich im südlichen Teil des Zweistromlandes niederzulassen, unweit des Persischen Golfes wo später die Stadt Babylon entstehen sollte. Diese frühe Kultur wird heute Obeid-Kultur genannt. Namensgeber ist der Ort Tell-el-Obeid, wo bei archäologischen Ausgrabungen die für diese Kultur typische Keramik zuerst gefunden wurde. Eine Besonderheit dieser Keramik ist, dass sie mithilfe einer primitiven Töpferscheibe hergestellt wurde.
Im
Laufe des 4. Jahrtausends v.u.Z. wanderten die Sumerer in das Land ein, ein
Volk immer noch ungewisser Herkunft, das den Grundstein der ersten Hochkultur
in dieser Region legte. Dieses Volk sprach keine semitische Sprache wie die
Assyrer und Babylonier und war auch nicht mit den benachbarten Elamitern
verwandt. Die Sumerer nannten ihr Land ken-gir, was so viel wie “Land der
zivilisierten Menschen” bedeutet
und ihre Sprache nannten sie eme-gir. “Šumeru” ist hingegen ein
akkadisches, also semitisches Wort. Die Sumerer bezeichneten sich selbst als sag-gi-ga, “Schwarzköpfe”.
Die Sumerer gründeten die ersten Städte des Zweistromlandes
und entwickelten aus einer Bilderschrift die Keilschrift. Tausend Jahre später
war das Land dicht mit Städten und Dörfern angefüllt, die längs der Flüsse und
Kanäle entstanden waren.
Zwischen 3200 und 2900 v.u.Z. machte das demographische Wachstum den Bau weiterer Bewässerungsanlagen notwendig. Nach 2900 v.u.Z. entsteht eine Reihe neuer Stadtstaaten, darunter Eridu, Kish, Larsa, Lagash, Nippur und Ur, die um 2800 v.u.Z. zusammen das Reich Sumer bilden. Die Zeit, die altdynastisch genannt wird, endet um 2200 v.u.Z. und es beginnt mit Sargon von Akkad (ca. 2235-2094 v.u.Z.) eine neue Ära. Sargon gründete das erste Grossreich des Nahen Ostens indem er viele kleine Stadtstaaten unter seine Herrschaft brachte.
Das altmesopotamische Haus
Im Laufe des 4. Jahrtausends v.u.Z. bildet sich das typische Haus des alten Orients heraus, eine Form, die sich substanziell bis vor fünfzig Jahren im arabischen Haus erhalten hat, aber nun wegen des Aufkommens von Klimaanlagen am Verschwinden ist. Dieses Haus ist zweigeschossig, besitzt einen schattigen Innenhof und hat ein flaches Dach.
Im
Schwemmland Mesopotamiens sind Steine rar und die wenigen, die man findet kann,
sind von minderwertiger Qualität. Deshalb ist das am verbreiteteste Baumaterial
die tonige Erde des Landes. Diese Erde ist überall reichlich vorhanden und
leicht zu verarbeiten. Man kann sie anfeuchten, in Formen pressen und dann an
der Sonne trocknen. Alle Gebäude des Zweistromlandes waren früher aus diesem
Material gebaut, die Wände aus luftgetrockneten Lehmziegeln und die Fussboden
und Estriche bestanden aus gestampfter Erde. Die Decken und das Dach bestanden aus
Palmholz-Balken und Schilfmatten auf denen ein Lehmestrich aufgebracht wurde.
Im alten Mesopotamien gab es an der Erdoberfläche auch Naturasphaltvorkommen. Mit dem Asphalt konnte man die untersten Ziegelschichten gegen die aus der Erde aufsteigenden Feuchtigkeit abdichten. Auf diese Weise blieben die oberen Mauerschichten trocken.
Das typische Haus hatte ein oder zwei Geschosse und einen quadratischen oder rechtwinkligen Innenhof um den sich die einzelnen Räume verteilten. Diese waren wegen des Mangels an längeren Balken verhältnismässig schmal. Gegen aussen war das Haus fast völlig geschlossen. Den Eingang von der schmalen und kurvenreichen aber schattigen Strasse bildete eine schmale und niedrige Tür.
Durch diese Tür gelangte man in einen Vorraum in welchen sich in Krug mit Wasser und ein Wasserablauf befand, wo man sich die Hände und Füsse waschen konnte bevor man die eigentliche Wohnung betrat. Durch ein winziges Fensterchen neben der Tür erlaubte es zu sehen, wer einzutreten begehrte. Vom Vorraum gelangte man in den schattigen Innenhof durch eine Tür, die nicht in der Achse mit dem Eingang lag, damit niemand von der Strasse aus den Privatteil einsehen konnte und um Staub und Wind fernzuhalten.
Im Hof befand sich normalerweise die Feuerstelle, eine Bank und ein Brunnen; ausserdem waren dort die Handmühlen und Reibsteine und ein Ausguss. Am Hof lagen eine Werkstatt und ein Bad mit Wanne sowie die Zimmer des Dienstpersonals. Eine steile Treppe führte in den ersten Stock oder direkt aufs Dach, wo man im Sommer schlief und die kühle Nachtluft genoss. Die einzelnen Zimmer im Obergeschoss waren von einer schmalen Galerie aus zugänglich.
Die Zahl der Zimmer eines Hauses variierte den Bedürfnissen der Familie und deren wirtschaftlichen Möglichkeiten entsprechend. Ein Haus konnte zwischen sechs und zehn Zimmern haben, aber es gab auch grössere Häuser. Einige Hauser hatten sogar besondere Gästezimmer mit einem kleinen separatem Badezimmer.
Das
Haus war folglich konzipiert als ein Schutz vor Wind, Sand und Sonne, eine Art
Festung, welche der Familie vor dem Rest der Welt Schutz bot. In sehr warmen
und sonnenreichen Gegenden ist die Sonne, die über den Innenhof ins Haus
dringt, vornehmlich eine Lichtquelle, welche die meist dunklen Räume etwas
belichtet.
In den einfacheren Häusern bildete ein grösserer Raum auf der Südseite des Hauses das „Wohnzimmer“ der Familie. Dieser Raum öffnete sich nach Norden, so dass kein direktes Sonnenlicht in ihn eindringen konnte. Die Häuser waren verputzt und aussen weiss getüncht. Die Wände der Zimmer waren oft bis auf halbe Höhe bemalt, abwechselnd mit roten, schwarzen und weissen Streifen. Die Zimmer in den Häusern der Wohlhabenden waren oft mit dekorativen Malereien verziert oder teilweise mit glasierten Tonplatten verkleidet. Auch die Türpfosten waren normalerweise bemalt und zwar mit Eisenoxid, denn man glaubte dass Rot die bösen Geister verscheuchen würde.
Das Haus gehörte auch den Toten der Familie, die man normalerweise unter dem Fussboden des Hauses beerdigte, in der Nähe eines kleinen Haualtars. Die Fussböden waren in der Regel aus gestampfter Erde oder aus zerkleinertem Ziegelmaterial.
Die grossen Unterschiede im Mauerwerk lassen darauf schliessen, dass die Häuser meist von den Eigentümern selbst gebaut worden sind (2). Dass es jedoch auch Baumeister und Bauunternehmer gab, bezeugen babylonische Gesetze, die denjenigen Baumeistern strenge Strafe androhten, die für Einstürze verantwortlich waren bei denen Menschen zu Schaden erlitten oder gestorben waren. Diese Baumeister hafteten mit ihrem Vermögen und unter Umständen sogar mit ihrem Leben. Die Mauern vieler Häuser, die die Zeiten überdauert haben, zeigen, dass ihre Erbauer eine Menge getan haben, um Einstürze weitgehend zu vermeiden.
Das Haus, das wir eben beschrieben haben, stellt einen enormen Fortschritt gegenüber den Hütten auch lehmbeworfenen Schilfmatten dar, die vorher die übliche Unterkunft der Menschen waren und von denen das Gilgamesch-Epos erzählt, und wie man sie heute noch bei den Fischern des Shatt-al-Arab findet.
Ur - Westliches Stadtviertel
Auf
die klimatischen Vorteile dieses Haustyps werden wir später noch eingehen, wenn
wir das traditionelle, arabische Haus beschreiben, das direkt von dem
altmesopotamischen Haus abstammt und das wegen seiner klimatischen Vorteile im
gesamten Mittleren Osten, in Persien und auch in Afrika Verbreitung gefunden
hat.
Die Paläste
Die Paläste der Herrscher waren ausgedehnte, besonders solid gebaute, meist grosszügig ausgeschmückte Komplexe . Die ältesten Beispiel kennen wir aus dem Tal des Diyala-Flusses, der aus dem Iran kommt und sich nicht weit von Bagdad entfernt mit dem Tigris vereint.
Diese aus dem 3. Jahrtausends v.u.Z. stammende Paläste dienten den Herrschen nicht nur als Wohnsitz, sondern hatten zugleich noch viele andere Funktionen. In ihnen gab es Speicher für die eingebrachten Ernten, Höfe, in denen öffentliche Zeremonien stattfanden, Tempel und . Ein Beispiel dafür ist der Palast “giparu” (sumerisch Gig-Par-Ku) in Ur, in dem auch die Priesterinnen des Mondtempels wohnten und der verschiedene Höfe, Heiligtümer, Begräbnisse gestorbener Priesterinnen, Bankettsäle usw. enthielt. Ein ähnlicher Komplex, der aus der älteren babylonischen Zeit stammt, ist in Mari, Syrien, ausgegraben worden.
Die eisenzeitlichen, assyrischen Paläste, im Besonderen diejenigen von Kalhu/Nimrod, Dur Sharrukin-Khorsabad und Ninuwa-Ninive, haben Berühmtheit erlangt durch ihre dekorativen, in die Steinwänden eingelassenen Halbreliefs. Diese Darstellungen erzählen von feierlichen Kulthandlungen, militärischen Siegen der Könige und von den Steuerzahlungen der unterworfenen Völker und Herrscher. Die Tore und Zugangsstrassen waren mit Darstellungen mythologischer Szenen geschmückt. Die Säle dieser enormen Paläste gruppierten sich um grössere und kleinere Innenhöfe. Der Thronsaal, in dem die Beratungen und die Staatsakte stattfanden, öffnete sich auf einen weiten Ehrenhof.
Die grosse Menge von Elfenbeinsplittern, die von der zerstörten Ausstattung des Palastes stammen und die bei den archäologischen Ausgrabungen ans Licht gekommen sind, bezeugen die engen Handelsbeziehungen dieser Herrscher mit Nordsyrien, das damals zum hethitischen Grossreich gehörte. Zeugen dieser Beziehungen sind auch die Bronzeverzierungen mit denen die Holztüren des Palastes geschmückt waren.
Anmerkungen
(1) Schmökel, Hartmut: Das Land Sumer,
IV edizione, Stuttgart 1974
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