Beginnen wie unsere Geschichte des
klimagerechten Bauens mit den Behausungen, die bei Nomadischen Völkern
Tradition haben oder hatten, denn es gibt immer weniger Nomaden. Nomade war der
Mensch bevor er in der Jungsteinzeit (Neolithikum) sesshaft wurde. Er war Jäger
und Sammler. Er ernährte sich von essbaren Früchten und Gräsern sowie vom
Fleisch erlegter Tiere. Er folgten den jahreszeitlichen Wanderungen der
Beutetiere, aß frisches oder getrocknetes Fleisch sowie frische oder
getrocknete Früchte. Je nach Jahreszeit verlegte er seine Wohnsitze. Seine
Werkzeuge und Waffen waren aus Holz, Knochen und Stein. Die Töpferei war noch
unbekannt. Die Gefäße waren Körbe, Lederbeutel und Kalebassen. Diese Menschen
lebten als Nomaden; sie kannten keine dauerhaften Siedlungen und Wohnstätten.
Nomadenvölker gibt es auch heute noch.
Normalerweise handelt es um Viehzüchter und Hirten, die mit ihren Tieren von
Weidegrund zu Weidegrund ziehen. Viele dieser Menschen leben, oder lebten bis
vor Kurzem, in provisorischen oder transportierbaren Behausungen. Aus der Sicht
des klimagerechten Bauens höchst interessant sind zum Beispiel die
traditionellen Behausungen der nordamerikanischen Indianer und der
viehzüchtenden Mongolen.
Der Tipi der nordamerikanischen Indianer
Einige Völker
Nordamerikas lebten bis weit ins 19. Jahrhundert hinein als Nomaden oder
Halbnomaden, zum Beispiel die Indianer der großen Ebenen. Die Sioux, die Cheyenne, die Arapaho, die Shoshonen und ihre Verwandten die Comanches. Diese Stämme und
Völker jagten hauptsächlich die zahlreichen und in großen Herden lebenden
Bisons und folgten ihnen bei deren Wanderungen. Diese Leute wohnten in
transportierbaren Zelten, den sogenannten Tipis (oder Teepees), wie sie in
vielen Wildwestfilmen zu sehen sind. Das Wort „Tipi“ bedeutet nichts anderes
als „Behausung“.
Der Tipi ist ein konisches
Zelt und besteht aus einem Skelett aus dünnen und biegsamen Holzstäben welches
mit einer halbrunden Plane bedeckt ist. Vormals war diese Plane eine Bisonhaut
oder ein Geflecht aus Birkenrinde, heute, wo es keine riesigen Bisonherden mehr
gibt und die Indianer in Reservaten leben, sind die Zeltplanen aus
wasserdichten Stoffen gemacht. Ein Tipi hat einen kreisförmigen Grundriss
dessen Durchmesser zwischen drei und sechs Meter variieren kann. In der Mitte
des Zeltes befindet sich die Feuerstelle, die restliche Fussbodenfläche ist mit
Matten oder Fellen bedeckt.
Der Medizinmann Little Big Mouth vor seinem Teepee in Oklahoma
Über dem Eingang des Tipi befindet sich eine Öffnung, die mit zwei an Stäben befestigten Stoffstücken verschlossen werden kann. Mit ihnen lässt sich die Lüftung des Zeltes und der Rauchaustritt je nach Windrichtung regulieren. Da die Plane, die das Zelt bedeckt, nicht ganz bis zum Boden reicht, sondern etwa zehn Zentimeter darüber endet, entsteht ein vertikaler Luftzug, wie in einem Kamin, der den Rauch nach oben steigen lässt wo er an der Zeltspitze austritt. Die Zeltplane wird unten von in die Erde getriebenen Holzpflöcken so fest gehalten, dass sie auch bei starken Wind nicht davon fliegt.
Teepee der Shoshonen (Ende des 19. Jahrhunderts)
Im Inneren des Zeltes befindet sich eine weitere Plane,
die vom Boden bis in etwa 150 Zentimeter Höhe reicht. Dieses Tuch ist an den
Stäben des Zeltskeletts befestigt und
schliesst die Öffnung zwischen der Zeltabdeckung und dem Boden. Das Tuch ist
also ein Windschutz, der das Zeltinnere warm hält, das Feuer in der Mitte des
Zeltes ruhiger brennen lässt und verhindert, dass die Asche aufgewirbelt wird.
Ausserdem verhindert das Tuch, dass sich die Schatten der Personen im Zeltinnern
auf der Zeltplane projizieren.
Selbst in sehr kalten Wintern
bietet ein Tipi eine temperierte und komfortable Unterkunft , schützt gegen
Regen, Schnee und Sturm; im Sommer hingegen bietet er dank seiner regulierbaren
Lüftung erfrischende Kühle. Der Tipi ist zerlegbar, transportabel und rasch
aufzubauen: eine optimale Wohnstätte für Nomaden.
Früher lebte in einem Tipi
eine ganze Familie aus sechs oder sieben Personen. Heute werden diese Zelte
hauptsächlich bei besonderen Anlässen benutzt, zum Beispiel bei
Stammesberatungen, den sogenannten powwow, und bei
Festen zur Unterbringung von Gästen.
Ausser dem Tipi gab es bei den nordamerikanischen
Indianern noch andere Arten von Behausungen, darunter den “Wigwam”,
eine kleine aus gebogenen Zweigen und mit Blättern bedeckte Hütte, die vor
allem von den Indianern der waldreichen Gebiete während der Jagd benutzt wurde.
Der Wigwam ist also keine dauerhafte Behausung, sondern ein stets ad hoc und
für temporären Aufenthalt gedachter Schutz, obwohl das Wort „Wigwam“ in der
Agolkin-Sprache auch eine dauerhafte Unterkunft bezeichnet.
Der Iglu der Inuit
Die
Inuit sind das am nördlichsten lebende Volk Nordamerikas. Sie bewohnen
hauptsächlich das nordöstliche Kanada sowie Grönland. Die Inuit sind das
zahlenmässig grösste aller arktischen Völker. Häufig werden sie Eskimos
genannt, aber dieser Name gefällt ihnen nicht. Sie sagen das Wort „Eskimo“ sei
herabsetzend, denn sie führen es auf ashkipok
zurück, was in der Sprache der Anishishabe „Rohfleischesser“
bedeutet. Diese Etymologie gilt heute als veraltet und man führt das Wort
„Eskimo“ auf das Wort aayaskimeew der Cree-Indianer zurück, das „Schneeschuhmacher“
bedeutet, also etwas wesentlich ehrenhafteres.
Grosser Igloo
(Kinngait, Südküste der Baffin Insel)
Bis
zur Mitte des 20. Jahrhunderts waren di Inuit ein Jägervolk. Ihre bevorzugten
Beutetiere waren Meeressäuger wie Seehunde und Walrosse, aber, je nach
Jahreszeit, waren sie auch Fischer und Sammler. Dieses Leben machte sie zu
Nomaden. Wenn es in der von ihnen bewohnten Gegend jagdbare Tiere gab, wohnten
sie auch in festen Siedlungen. Die einzelnen Familiengruppen wohnten in Lagern
– im Winter in qarmaq, die aus dem Material gebaut waren, das es am Ort gab:
Steine, Erdschollen, Laub, Treibholz und an den Strand gespülte Walknochen.
Die berühmten Iglus, Häuser aus Eis und Schnee waren
immer nur provisorische Unterkünfte, die während den Jagdwanderungen ad hoc
errichtet wurden um sich vor drohenden Schneestürmen zu schützen. Im Sommer lebten die Jäger in aus Wahlknochen
und Häuten errichteten Zelten.
Das
Wort Iglu bedeutet einfach „Unterkunft“ und bezieht sich nicht nur auf das
Schneehaus, sondern auch auf das Zelt und die Hütte. Schon seit über einem
halben Jahrhundert wohnt kein Inuit mehr in einem Iglu. Heute wohnen die Inuit in
normalen Häusern und Siedlungen und, während ihren Aufenthalten auf dem Land,
in sogenannten „cabins“. Der Bau von Schneehäusern wird jedoch weiterhin
gepflegt und er wird sogar in Kursen gelehrt, denn es hat sich ein arktischer
Tourismus entwickelt und der Tourist kann während seinen Ferien sogar in einem
Iglu schlafen.
In klimatischer Hinsicht, ist
ein Iglu sogar für einen Arktisbewohner einigermassen komfortabel, denn Schnee
ist infolge der eingeschlossenen Luft ein gut wärmedämmendes Material. Die
Innentemperaturen sind um null Grad und am höchsten Punkt wo man schläft, liegen
sie sogar etwas darüber.
Die Temperaturdifferenz
zwischen drinnen und draussen kann sogar 50 Grad erreichen. Ein Beispiel:
Aussentemperatur -46°C, Innentemperatur an der höchsten Stelle wo man schläft +
4°C. Höhere Temperaturen würden ein Schmelzen des Schnees bewirken und dadurch
das Innere unbewohnbar machen.
Die Jurte der Mongolen
Eine
andere Art transportabler Hütte findet man in der Mongolei, ein vorwiegend
bergiges Land. Etwa ein Drittel des Landes ist von hohen Bergen dominiert. Im
Süden und im Osten gibt es Hochebenen mit trockenen Steppen und die Wüste Gobi.
Das Klima der Mongolei ist eines der
extremsten. Im Laufe eine Jahres können die Temperaturen zwischen -25°C im
Winter und +20°C im Sommer variieren. Der Temperaturunterschied ist dreimal
grösser als in Westeuropa. Die Niederschläge variieren zwischen 400 mm im
Norden des Landes und 100 mm im Süden, in der Wüste Gobi. 80 bis 90 Prozent der
Niederschläge erfolgt zwischen Mai und September.
Zwei moderne Jurten in der mongolischen Steppe (1994)
Wegen dieses unwirtlichen
Klimas war bis vor einem halben Jahrhundert die Gegend ausschliesslich von
nomadisierenden Viehzüchtern bewohnt, von denen die meisten Mongolen waren.
Nach Grönland ist die Mongolei eines der Länder mit der geringsten
Bevölkerungsdichte.
Die traditionelle Behausung der
mongolischen Nomaden war und ist noch heute die Jurte, eine kreisrunde, leichte,
transportable Konstruktion. Die Wände und das Dach einer Jurte bestehen aus
einem leichten Holzgerüst, bei einigen Jurten gehört dazu auch ein oder zwei
zentrale Mittelpfosten. Das Ganze ist eingedeckt mit Filzmatten und Teppichen.
In die Aussenwand ist eine Holztür eingelassen. Die gesamte Konstruktion ist
zerlegbar und kann in einer Stunde aufgebaut werden. Sie kann von zwei Kamelen
oder auf einem modernen Pickup transportiert werden.
Traditionelle
Jurten (19. Jahrhundert)
Die Aussenhülle einer Jurte
besteht aus verschiedenen Schichten. Ein Baumwolltuch bildet die innerste
Schicht; dann folgt eine wärmedämmende Schicht aus Wollfilz, die in der
Vergangenheit auch die äussere, wasserabstossende Schicht bildete. Heute liegt
über dem Filz in der Regel eine wasserdichte Kunststoffplane. In der Mitte der
Jurte, am höchsten Punkt befindet sich eine Öffnung durch die der Rauch der
Feuerstelle abziehen kann.
Eine Jurte reflektiert die
soziale und spirituelle Stellung seiner Bewohner. Jedes Familienmitglied hat
seinen bestimmten Platz. Die innere Aufteilung einer Jurte ist äusserst
rationell, anderenfalls wäre es nicht möglich unter solchen extremen
Klimabedingungen im gleichen Raum zu kochen und zu schlafen.
Noch heute ist die Jurte eine nicht unbedeutende Wohnform
in der Mongolei und zwar ist sie beliebt nicht nur bei den nomadischen
Viehzüchtern, sondern auch bei einem Teil der städtischen Bevölkerung, der
diese Hütten bevorzugt, weil sie im Winter mehr Wärme bieten als viele moderne
Stadtwohnungen.
Inneres
einer modernen Jurte
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