venerdì 1 novembre 2013

Die beste Orientierung - Bernhard Christoph Faust


Bernhard Christoph (1755-1842) Faust wurde am 23 Mai 1755 in Rotenburg/Fulda als einer von zwei Zwillingen des Arztes  Christoph Faust und seiner Frau Sophie Elise geboren. Nach dem Besuch des Collegium Carolinum in Kassel, studierte er Medizin an der neuen lutherischen Universität von Göttingen und legte sein Doktorexamen 1777 an der Universität von Rinteln/Weser (Academia Ernestina), Grafschaft Schaumburg, ab. Nach dem Examen zog er für eine gewisse Zeit nach Kassel um sich in Frauenheilkunde zu spezialisieren. Danach kehrte er in seine Geburtsstadt zurück und eröffnete dort eine Praxis.


Im Jahr 1788 zog er nach Bückeburg um die Stelle eines Leibarztes bei der Landgräfin Juliane zu Schaumburg-Lippe anzutreten. Bückeburg wurde zu seiner zweiten Heimatstadt, wo er für ein halbes Jahrhundert seinen Beruf ausübte und wo er 1842 starb.

Sein Leben war alles andere als abenteuerhaft. Das Angebot, nach Sankt Petersburg zu gehen und dort als Arzt zu wirken, lehnte er ab und er unternahm nicht einmal Reisen in die benachbarten europäischen Länder um sich fortzubilden, wie es damals bei Ärzten üblich war. Als er sich wirklich einmal nach England begeben musste, machte er vorher sein Testament.

Faust war ein ganz normaler Bürger eines der zahlreichen deutschen Kleinstaaten, die die Karte Deutschlands wie ein Flickenteppich aussehen liessen. Ihm genügte das Gehalt, das ihm der Hof von Schaumburg-Lippe bezahlte. Er erwies sich jedoch  als ein Pionier und Wegbereiter auf dem Feld praktischer Gesundheitsförderung, allerdings nicht auf demselben Niveau wie die berühmten Professoren Samuel Auguste Tissot, Johann Peter Frank und Christoph Wilhelm Hufeland, die sich mit ihren Schriften an eine gebildete Leserschaft richteten.

Zu den Verdiensten Fausts gehören vor allem die kleinen Heftchen und volkstümlichen Schriften, in denen er zu Problemen Stellung nahm, die er für wichtig hielt. In Jahr 1792 stellte er den Entwurf eines „Gesundheits-Katechismus“ vor. So wie der Religionsunterricht in den Schulen in die Grundbegriffe der Religion einführt, sollte diese Schrift in den Schulen der Grafschaft die Grundbegriffe der Hygiene und der Gesundheit aufzeigen.

Faust war der Auffassung, dass jeder Bürger die ethische und moralische Pflicht habe an seine Gesundheit zu denken. Mit einfachen, auch für Kinder verständlichen  Worten erklärte Faust den Wert der Gesundheit, die für ihn nicht nur die schlichte Abwesenheit von Krankheit war und hob die Wichtigkeit einer gesunden Umgebung hervor, von sauberen Wasser und sauberer Luft, der persönlichen Körperpflege, der Sauberkeit im Haus und vor allem in der Küche.

Der Entwurf des „Katechismus“ wurde in 800.000 Exemplaren verbreitet und im Jahr 1794 folgte die Veröffentlichung der definitiven Fassung. Im Jahr 1802, zum Zeitpunkt der neunten Auflage, wurden 150.000 Exemplare verkauft. Es folgten mehrere Übersetzungen und illustrierte Ausgaben zu einzelnen Themen.

In Erinnerung an die Verdienste Fausts wird noch heute alle zwei Jahre die Bernhard-Christoph-Faust-Medaille an drei Personen vergeben, welche sich im Bereich praktischer Gesundheitsförderung ausgezeichnet haben.
 
Seine Studien zur Hygiene und zur Volksgesundheit führten 1824 zur „Sonnenbaulehre“, einer Theorie, welche die Besonnung der Häuser zum Gegenstand hat. Schon im „Gesundheits-Katechismus“, hatte Faust die räumliche Enge der Städte kritisiert: „Alle Häuser haben einen Abstand von nur einem oder zwei Fuss voneinander und diese  geringen Abstände, Gärten genannt, sind der Ort übelriechender Abfälle“.
Diesem Zustand sollten die Vorschläge der „Sonnenbaulehre“ entgegen wirken. In dieser Schrift (1) heisst es: „Zur Sonne nach Mittag sollen alle Häuser der Menschen gerichtet seyn“, damit sie in den Genuss der besten Besonnung kommen.
 
Städtebauliche Utopia von B. C. Faust: Ansicht der Reihenhäuser mit Kanalisationsanschluss  „Sonnenstadt“, Tav. IV, 1829
  (Lithografie von  J. C. Arnold, Kassel, nach einer Zeichnung von Bernhard Christoph Faust. Staatsarchiv Bückeburg, F1 A XXV 28, E 15, Bl. 11)
 
Faust liess sogar zwei Astronomen berechnen wie viele Stunden Sonne die vier Seiten eines Hauses erhalten, das nach Süden ausgerichtet ist. Zwischen den damaligen Berechnungen und den heutigen ist nur ein geringer Unterschied: zwischen 1,1 und 0,7 Prozent.
Faust sah Häuser vor, in denen die Zimmer mehrheitlich nach Süden ausgerichtet sein sollten, um möglichst viel Licht und Wärme zu erhalten. Er erdachte - hundert Jahre vor der effektiven Realisierung – das begrünte Flachdach. Die einzelnen Wohnungen sah er in Reihenhäusern, die an eine Kanalisation angeschlossen sind. Auf der Südseite der Häuser sollten Gärten liegen – Grün und lebendige Natur waren seine vorgeschlagenen Heilmittel, lange vor Entstehung der Gartenstadtidee. Faust schätzte, dass der Landbedarf einer „Sonnenstadt“ nur um ein Viertel grösser sei, als derjenige der damals bestehenden Städte.
 
Plan der Sonnenstadt, 1824 (foglio 45,9 x 38,3 cm)
Lithographie von G. Osterwald nach einer Zeichnung von Bernhard Christoph Faust
(Quelle:Niedersächsisches Staatsarchiv Bückeburg (Nds StA Bückeburg)
Nds StA Bückeburg, F1 A XXV 28, E 15, Bl. 16. Foto: WLMKuK Münster, Sabine Ahlbrand-Dornseif) 
 
Anmerkungen
(1) Faust, Bernhard Christoph: Sonnenbaulehre, Bückeburg (1824)
(2) Plessner, Hans: Die Sonnenbaulehre des Dr. Bernhard Christoph Faust, Diss. TU Berlin, Köln-Kalk, 1933
 

 

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