Bernhard Christoph (1755-1842)
Faust wurde am 23 Mai 1755 in Rotenburg/Fulda als einer von zwei Zwillingen des
Arztes Christoph Faust und seiner Frau
Sophie Elise geboren. Nach dem Besuch des Collegium Carolinum in Kassel, studierte er Medizin an
der neuen lutherischen Universität von Göttingen und legte sein Doktorexamen
1777 an der Universität von Rinteln/Weser (Academia Ernestina), Grafschaft Schaumburg, ab. Nach dem Examen zog er für eine
gewisse Zeit nach Kassel um sich in Frauenheilkunde zu spezialisieren. Danach
kehrte er in seine Geburtsstadt zurück und eröffnete dort eine Praxis.
Im Jahr 1788 zog er nach
Bückeburg um die Stelle eines Leibarztes bei der Landgräfin Juliane zu Schaumburg-Lippe anzutreten. Bückeburg wurde zu seiner zweiten Heimatstadt, wo er für
ein halbes Jahrhundert seinen Beruf ausübte und wo er 1842 starb.
Sein Leben war alles
andere als abenteuerhaft. Das Angebot, nach Sankt Petersburg zu gehen und dort
als Arzt zu wirken, lehnte er ab und er unternahm nicht einmal Reisen in die
benachbarten europäischen Länder um sich fortzubilden, wie es damals bei Ärzten
üblich war. Als er sich wirklich einmal nach England begeben musste, machte er
vorher sein Testament.
Faust war ein ganz
normaler Bürger eines der zahlreichen deutschen Kleinstaaten, die die Karte
Deutschlands wie ein Flickenteppich aussehen liessen. Ihm genügte das Gehalt,
das ihm der Hof von Schaumburg-Lippe
bezahlte. Er erwies sich jedoch als ein
Pionier und Wegbereiter auf dem Feld praktischer
Gesundheitsförderung, allerdings nicht auf demselben Niveau wie die berühmten
Professoren Samuel Auguste
Tissot, Johann Peter Frank und Christoph Wilhelm Hufeland, die sich mit ihren
Schriften an eine gebildete Leserschaft richteten.
Zu den Verdiensten
Fausts gehören vor allem die kleinen Heftchen und volkstümlichen Schriften, in
denen er zu Problemen Stellung nahm, die er für wichtig hielt. In Jahr 1792
stellte er den Entwurf eines „Gesundheits-Katechismus“ vor. So wie der
Religionsunterricht in den Schulen in die Grundbegriffe der Religion einführt,
sollte diese Schrift in den Schulen der Grafschaft die Grundbegriffe der
Hygiene und der Gesundheit aufzeigen.
Faust war der
Auffassung, dass jeder Bürger die ethische und moralische Pflicht habe an seine
Gesundheit zu denken. Mit einfachen, auch für Kinder verständlichen Worten erklärte Faust den Wert der
Gesundheit, die für ihn nicht nur die schlichte Abwesenheit von Krankheit war
und hob die Wichtigkeit einer gesunden Umgebung hervor, von sauberen Wasser und
sauberer Luft, der persönlichen Körperpflege, der Sauberkeit im Haus und vor
allem in der Küche.
Der Entwurf des
„Katechismus“ wurde in 800.000 Exemplaren verbreitet und im Jahr 1794 folgte
die Veröffentlichung der definitiven Fassung. Im Jahr 1802, zum Zeitpunkt der
neunten Auflage, wurden 150.000 Exemplare verkauft. Es folgten mehrere
Übersetzungen und illustrierte Ausgaben zu einzelnen Themen.
In Erinnerung an die Verdienste Fausts wird noch heute alle zwei Jahre die Bernhard-Christoph-Faust-Medaille an drei Personen vergeben, welche sich im Bereich praktischer Gesundheitsförderung ausgezeichnet haben.
Seine Studien zur
Hygiene und zur Volksgesundheit führten 1824 zur „Sonnenbaulehre“, einer Theorie, welche die Besonnung der Häuser zum
Gegenstand hat. Schon im „Gesundheits-Katechismus“, hatte Faust die räumliche
Enge der Städte kritisiert: „Alle Häuser haben einen Abstand von nur einem oder
zwei Fuss voneinander und diese geringen
Abstände, Gärten genannt, sind der Ort übelriechender Abfälle“.
Diesem Zustand
sollten die Vorschläge der „Sonnenbaulehre“ entgegen wirken. In dieser Schrift (1)
heisst es: „Zur Sonne nach Mittag sollen alle Häuser der Menschen gerichtet
seyn“, damit sie in den Genuss der besten Besonnung kommen.
Städtebauliche Utopia von B. C. Faust: Ansicht der
Reihenhäuser mit Kanalisationsanschluss
„Sonnenstadt“, Tav. IV, 1829
(Lithografie von
J. C. Arnold, Kassel, nach einer Zeichnung von Bernhard Christoph
Faust. Staatsarchiv Bückeburg, F1 A XXV 28, E 15, Bl. 11)
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Faust liess sogar
zwei Astronomen berechnen wie viele Stunden Sonne die vier Seiten eines Hauses
erhalten, das nach Süden ausgerichtet ist. Zwischen den damaligen Berechnungen
und den heutigen ist nur ein geringer Unterschied: zwischen 1,1 und 0,7 Prozent.
Faust sah Häuser vor,
in denen die Zimmer mehrheitlich nach Süden ausgerichtet sein sollten, um
möglichst viel Licht und Wärme zu erhalten. Er erdachte - hundert Jahre vor der
effektiven Realisierung – das begrünte Flachdach. Die einzelnen Wohnungen sah
er in Reihenhäusern, die an eine Kanalisation angeschlossen sind. Auf der Südseite der Häuser sollten
Gärten liegen – Grün und lebendige Natur waren seine vorgeschlagenen
Heilmittel, lange vor Entstehung der Gartenstadtidee. Faust schätzte, dass der
Landbedarf einer „Sonnenstadt“ nur um ein Viertel grösser sei, als derjenige
der damals bestehenden Städte.
Plan der Sonnenstadt, 1824 (foglio 45,9 x 38,3 cm)
Lithographie von G. Osterwald nach einer Zeichnung von Bernhard Christoph Faust
Lithographie von G. Osterwald nach einer Zeichnung von Bernhard Christoph Faust
(Quelle:Niedersächsisches Staatsarchiv Bückeburg (Nds StA Bückeburg)
Nds StA Bückeburg, F1 A XXV 28, E 15, Bl. 16. Foto: WLMKuK Münster, Sabine Ahlbrand-Dornseif)
Anmerkungen
(1) Faust, Bernhard Christoph: Sonnenbaulehre, Bückeburg (1824)
(2) Plessner, Hans: Die Sonnenbaulehre des Dr. Bernhard
Christoph Faust, Diss. TU Berlin, Köln-Kalk, 1933
Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe
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