Die Brüder George
Fred (1895-1980) und William (1908-1995) Keck waren regelrechte Pioniere des klimagerechten
Bauens in den USA. George Fred, der ältere der beiden Bruder studierte
Architektur und Bauingenieurwesen an den staatlichen Lehranstalten von
Wisconsin und Illinois. 1921 ging er nach Chicago, wo er als Bauzeichner in
mehreren Architektur- und Ingenieurbüros arbeitete bevor er ein eigenes Büro
eröffnete.
In den ersten
Jahren seiner Berufstätigkeit als Architekt, machte sich George Fred daran, die
Bauten der modernen Architektur zu studieren, die damals gerade in Europa, vor
allem in Deutschland, Furore machten. 1927 projektierten Keck und sein Partner
Vale Faro, der ebenfalls ein überzeugter Anhänger der modernen Architektur war,
ihr erstes modernes Haus. Das Haus, das nie gebaut wurde, war ein weisser
Würfel mit einem flachen Dach und Fensterbändern, beides charakteristische
Elemente des Neuen Bauens, bzw. des Internationalen Stiles. Diese beiden Elemente
finden sich bei allen von Keck während seiner 46jährigen Berufstätigkeit
entworfenen Gebäuden.
Zu den
wichtigsten Bauten Kecks aus jener Zeit gehören der Miralogo Ballroom in
Wilmette (1929) und zwei Häuser, die er für die Chicago's Century of Progress
World's Fair entworfen hat: The House of Tomorrow (1933) e The Crystal House
(1934).
House of Tomorrow auf der Chicago's
Century of Progress World's Fair (1933)
Die Häuser
für die Ausstellung hatten ein Stahlskelett und Glasfassaden, d.h. das
Bausystem war das gleiche, das beim Hochhausbau in Chicago verwendet wurde. Sie
unterschieden sich stilistisch also stark von den Häusern, die zu jener Zeit in
Chicago Mode waren und auch von den anderen Häusern, die auf der Ausstellung
gezeigt wurden. Besonders das Crystal House mit seinem äusseren Skelett war von
verblüffender Eleganz gegenüber vielen anderen Metallbauten, die Jahrzehnte
später entworfen wurden.
Beide
Häuser waren mit Möbeln aus Metall und Leder ausgestattet, die zum Teil von
Keck selbst entworfen und in Chicago gefertigt worden waren. Die beiden
Ausstellungshäuser zeigten den Tausenden von Besuchern der Ausstellung, wie der
moderne Mensch wohnt und viele Leute liessen sich von Kecks Entwürfen
überzeugen.
Nach dem Ende
der Ausstellung, begannen mehrere wohlhabende Bewohner der an der Nordküste
(North Shore) von Chicago gelegenen Wohnquartiere sich an Keck zu wenden um ihn
zu bitten, Häuser für sie zu entwerfen. Auf diese Art begann eine Tätigkeit,
die für Kecks Karriere entscheidend war. An der Nordküste stehen heute mehr
Keck-Häuser als anderswo.
House of Tomorrow (2005)
Unter
den bekanntesten Bauten Kecks figuriert das Bruning House
in Wilmette, ein weisses Gebäude im Internationalen Stil mit in einem gläsernen
Turm in dem sich eine Wendeltreppe über zwei Stockwerke erstreckt. Der
Glasgehäuse war mit einem äusseren Sonnenschutz aus hochziehbaren
Metalllamellen ausgestattet. Diese Lamellenstoren waren ein typisches Kecksches
Produkt, das aufgrund von Experimenten entstanden war, um die Lichtverhältnisse
im Inneren vollverglaster Häuser zu kontrollieren. Sie gehörten in den 30er
Jahren zur Marke „Keck“, bis man aufhörte sie zu benutzen, weil ihr Unterhalt
Probleme verursachte.
Die Liebe
Kecks zur modernen Architektur zeigte sich noch deutlicher nachdem er sich von
Faro getrennt hatte und mit dem Chicago
Workshop zusammenarbeitete, einer Gruppe
von Künstlern die sich nach dem Vorbild des Deutschen Werkbundes konstituiert
hatte und der auch einige Persönlichkeiten angehörten, die nach 1934 aus
Deutschland in die USA emigriert waren wie László Moholy-Nagy. Diese
Zusammenarbeit führte dann zur Gründung des New
Bauhaus, das eine breiten Einfluss auf die örtliche Architektur ausgeübt
hat. Aus dem New Bauhaus ging dann das Institut of Design am Illinois Institute
of Technology (IIT) hervor.
Häuser im Solar
Park (1942)
In den
30er Jahren experimentierte Keck auch mit Wasserdächern, d.h. mit flachen
Wasserbecken auf dem Flachdach von Gebäuden, die im Sommer wenn das Wasser
verdunstete zur Kühlung beitrugen. Auch weite Dachvorsprünge gehörten zum
Repertoire Kecks. Sie sollten im Sommer die (Glas-)Fassaden beschatten. Auch
mit Fussbodenheizungen experimentierte Keck.
In den 40er
Jahren perfektionierte Keck auch das System der passiven Solarheizung und zwar
im Rahmen der Planung der Häuser Sloan (1940) und von Solar Park (1942). Beide liegen
in Glenview (Illinois) im Hinterland Chicagos. Solar Park ist eine Gruppe von
30 Häusern, die alle nach Süden ausgerichtet sind. Messungen, die damals
ausgeführt wurden, zeigen, dass durch die Orientierung nach Süden die
Heizkosten, im Vergleich zu anderen Häusern,
um 38 Prozent verringert werden konnten. Keck experimentierte auch mit
der mechanischen Lüftung mittels unter dem Fussboden verlegten Kanälen.
Vertikale Sonnenstoren der Keck & Keck Child
Care Society (1959)
William Keck,
der auch am New Bauhaus in Chicago
studiert hatte, wurde 1946 Partner im Architekturbüro seines Bruders Fred. Die
Zusammenarbeit mit William, der hauptsächlich als Manager fungierte, erlaubte
es Fred, mehr Zeit seinen Kunden zu widmen, mit ihnen zu sprechen, ihre
Wohnungen zu besichtigen und ihren Lebensstil kennenzulernen. Während andere
Architekten vor allem ihre Ideen umsetzen wollten, suchten die Kecks Lösungen,
die genau auf die Bedürfnisse ihrer Kunden zugeschnitten waren.
Der Ruf
der Kecks hat bis heute überdauert, drei Jahrzehnte nach der Schliessung ihres
Büros. Die Immobilienagentur „North Shore“, die ein Verzeichnis dieser Häuser
führt, hat einen Katalog der „Keck Houses“ herausgegeben.
Horizontale Sonnenstoren von Keck & Keck
Das Haus
Sloan war das erste, in dem das innovative, von Keck bevorzugte Lüftungssystem
installiert wurde, das auf vielen seiner Zeichnungen erscheint. An Stelle von Fenstern
mit Flügeln, die sich in Scharnierbändern drehen, benutzte Keck flügellose
Fenster. Die Frischluft trat durch spezielle, seitliche Öffnungen ein; in
späteren Häusern befanden sich diese Öffnungen neben der festen Verglasung.
Im Gegensatz
zu anderen Fenstern, verhinderten die Fenster Kecks das Eindringen von Regen
und Insekten, ausserdem konnte man sie offen stehen lassen wenn es der Wind und
die Temperatur erlaubten. Wenn die Öffnungen offen standen, fühlte man sich
eher in einem offenen Pavillon als in einem geschlossenem Zimmer. Dank dieser
Öffnungen und der schattenspendenden Dachüberstände und Bäume hatte das Haus
Spence in Bensenville (1941) ein vorzügliches Innenklima auch ohne Klimaanlage,
mit Ausnahme der die heissesten Tage des Jahres.
In den
40er Jahren entwickelt Keck mit grossem Erfolg vorfabrizierte Häuser, darunter
die Green's Ready-Builts. Ein Teil dieser Häuser wurde 1945 in Rockfort gebaut.
Diese schnell und einfach zu montierenden Häuser für Familien mit geringen
finanziellen Mitteln besassen einige der besten modernen Designelemente ihrer
Zeit.
In den 50er und 60er Jahren kehrte Keck
mit seinen Gebäuden mehrheitlich zum Internationalen Stil der 20er Jahre
zurück, abgesehen von dem häufigen Einsatz von Zedernholz und Betonsteinen. Er
fuhr fort, Häuser mit mondsichelförmigen Grundrissen zu planen, speziell wenn
es sich um reich ausgestattete Häuser mit Panoramablick handelte. Ausserdem schuf
er weiterhin Neuheiten wie eine mechanisch zu öffnende Kuppel über einem
Schwimmbecken im Innenhof des Hauses Weinrib in Highland Park (1961). In jener Zeit nahmen seine
Aufträge in einem Masse zu wie nie zuvor, nicht zuletzt wegen des wachsenden
Marktes für „modern design“.
In und um
Chicago bauten die Brüder Keck hunderte von eleganten und komfortablen Häusern.
Im Gegensatz zu anderen Architekten jener Zeit, welche die grosse Masse für die moderne Architektur
zu begeistern suchten, meistens aber vergebens, bauten die beiden Keck auch
Häuser für Menschen mit normalem Einkommen.
In den 30er
Jahren, nach der Weltwirtschaftskrise von 1929, suchten viele amerikanische
Architekten und Ingenieure die Bau- und Unterhaltskosten der Gebäude zu verringern. Ein Weg dazu war die Nutzung
der Sonnenenergie bei der Raumheizung. Damals erschien in europäischen
Architekturzeitschriften eine Reihe von Artikeln über die beste Ausrichtung von
Gebäuden. Von diesen Studien hatten den grössten Einfluss auf die
amerikanischen Architekten die Untersuchungen, die 1931 und 1932 das Royal Institute of British Architects (RIBA)
veröffentlichte (1). Das Institut hatte auch ein Gerät entwickelt, das Heliodon,
mit dem sich die Besonnung von Gebäuden am Modell simulieren lässt.
Anmerkungen
(1)“Orientation
of Buildings: Being the Report of the Royal Institute if British Architects’
Joint Committee on the Orientation of Buildings”, Journal if the Royal
Institute of British Architects 39 (10 September 1932), p. 777-799.